«Gibt’s Wunder? Ja, dich zum Beispiel. Mich vermutlich auch. [...]» Kurt Marti. Foto Edouard Rieben.

Schmale Sätze, die ein ganzes Leben umarmen

Kurt Marti hören: In Erinnerung, Lesung und Musik im «La Cappella» Bern am 31. Januar und 1. Februar

 

 

Der letztes Jahr verstorbene Pfarrer und Schriftsteller Kurt Marti wäre in diesen Tagen 97 Jahre alt geworden. Der Freundeskreis der Buchhandlung Voirol ehrt ihn am 31. Januar und 1. Februar in der «La Cappella»: In einer Lesung mit Katharina Kilchenmann und Uwe Schönbeck, Musik von und mit Dominik Nanzer sowie Ad-hoc-Chor.


«Gibt’s Wunder? Ja, dich zum Beispiel. Mich vermutlich auch. Und Leben überhaupt, alles Lebendige. Staunen darüber, dass im – soweit bisher einsehbar – unbelebten All just auf der vergleichsweise winzigen Erdkugel zuerst lebendige Zellen, dann immer komplexere Zellorganismen entstehen konnten – bis hin zu denen, die sich ihrer selbst bewusst und also denkfähig sind.»

Es ist der Blick auf diese Welt, den Kurt Marti in seinem Gedicht «Staunen», in seinen Predigten und Aufsätzen, Gedichten und Aphorismen als engagierten und kritischen Literaten auszeichnet. «Ich finde es immer spannend, wenn sich jemand aufmacht Dinge zu verdichten», sagt Uwe Schönbeck über diesen streitbaren Geist. Der Schauspieler und Sänger übernimmt im Programm «Kurt Marti hören» den hochdeutschen Part der Lesung.

Schönbeck spielte in jungen Jahren mit dem Gedanken Pfarrer zu werden. Er habe sogar bei der Verhandlung über seine Wehrdienstverweigerung mit diesem Berufswunsch argumentiert, warum er keine Waffe in die Hand nehmen wolle. Die geistige Verwandtschaft mit dem kritischen Berner, politischen Pfarrer und theologischen Schriftsteller gibt der in Deutschland geborene Schauspieler gerne zu.
«Es ist an uns, die alte Sprache, die gepflegte Ausdruckskunst, zu pflegen», sagt Schönbeck mit Nachdruck. Seine Pläne Theologie zu studieren zerschlugen sich.«Ich habe Kirche kennengelernt, wie man sie nicht kennenlernen möchte», sagt der 59-Jährige ohne verbittert zu klingen. Seinen Zivildienst habe er im Raum Essen in einer Kirchgemeinde abgeleistet, vor allem in der Jugendarbeit.
«Intrigen, Eifersüchteleien und Machtspiel verleideten mir den Berufswunsch Pfarrer. Damals war ich zu idealistisch, zu fromm.»

Das Schicksal führte den musikbegabten jungen Schönbeck an die altehrwürdige Folkwang Universität der Künste in Essen. Seit mehr als 20 Jahren lebt Uwe Schönbeck nun in Bern, gastiert immer wieder an der komischen Oper Berlin und weiteren Bühnen, brilliert mit Kabarettprogrammen und wird gefeiert als Moderator mannigfaltiger Galas.

Katharina Kilchenmann übernimmt unter anderem den berndeutschen Teil der Lesung. Die Texte Martis begleiten die Journalistin und Schauspielerin seit ihrer Jugend. Dabei würden sie nicht nur die bekannten Mundartgedichte berühren. Auch die «Leichenreden», die in wenigen Sätzen ein ganzes Leben erzählen und schnurstracks beim Kern der Person landen, gehören zu ihrer literarischen Grundausstattung, wie sie in einem Gespräch erzählt.

«In Martis Mundarttexten klingt das bernisch Trockene, und in den Gedichten über die Liebe nähert sich Marti sachlich seinem Sujet an, um plötzlich ganz zart bei etwas Überraschendem zu landen», schwärmt die bekannte Radiofrau und zitiert ein Liebesgedicht:

wenn – e lawine – vo zärtlechkeit – für is z’begrabe – über is abe geit – stirbt i – gärn e chly – wett i – nid grettet sy.


«Die Texte von Kurt Marti sind herrlich in einer Zeit, in der wir uns in Sachen Emotionalität und Emojis kaum noch steigern können.»

Die Lesung wird musikalisch umrahmt vom bekannten Kirchenmusiker und Chorleiter Dominik Nanzer und einem Ad-hoc-Chor, der vertonte Marti-Texte singt. Ausserdem präsentiert Nanzer in einer Uraufführung eine Neukomposition.

Christina Burghagen

 

Lesung mit Musik
„Kurt Marti hören“, mit Katharina Kilchenmann, Uwe Schönbeck, Dominik Nanzer und Chor, La Cappella, Allmendstrasse 24, Bern, 31. Januar, 20 Uhr, Zusatzvorstellung 1. Februar, 20 Uhr. Vorverkauf www.la-cappella.ch, Tel.: 031 332 80 22 oder an der Abendkasse.


Zum Tod von Kurt Mart im vergangenen Jahr haben wir im «pfarrblatt» ein Dossier erstellt.
HIER
können Sie es herunterladen.

 

 

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