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Steinbalance – die Sache mit der Geduld

Eine Kolumne der Seelsorger*innen am Inselspital Bern. Von Monika Mandt.

Wer kennt sie nicht, die beeindruckenden Steinskulpturen? Kürzlich versuchte ich mich während einer Wanderpause selbst an einer solchen. Erfolglos probierte ich, zwei Steine ins Gleichgewicht zu bringen. Unversehens sagte jemand neben mir, «ja, so nes Steinmanndli bruucht viu Gedoud ». Wieder dieser Begriff namens Geduld, der mir im Spital so oft begegnet!

Ein Familienvater ist wegen einer unfallbedingten Rückenverletzung auf unbestimmte Zeit ans Bett gefesselt. «Geduld haben ist leider nicht so meine Stärke!», sagt er zur Begrüssung. Zwischen uns entwickelt sich darüber ein spannendes Gespräch.

Geduld, so heisst es, sei die Fähigkeit, zu warten oder etwas zu ertragen, ungestillte Sehnsüchte und Wünsche zurückzustellen, dies mit Gelassenheit und Hoffnung auf Besserung. Also sich in Geduld üben, abwarten und hoffen? Wir überlegen weiter: Wir sind ungeduldig, weil wir einen ersehnten Zustand noch nicht erreicht haben oder befürchten, ihn nie zu erreichen. Wir fühlen uns in solchen Momenten ausgeliefert und machtlos

Was könnte uns in diesen Situationen ermächtigen? Eine Möglichkeit ist, dass wir uns weniger auf das, was wir ersehnen, fokussieren, sondern achtsam uns selbst zuwenden. Es geht um ein vorsichtiges Aufspüren dessen, was hilft, damit wir uns im Hier und Jetzt besser fühlen.

Was guttut, ist individuell und jeden Moment anders. Manchmal ist es Ablenkung, etwa ein anregendes Gespräch. Oft braucht es mehr Wissen und unterstützende Zeitstruktur. Ein anderes Mal tut es gut, zu hadern und zu weinen. Auf solche Art Geduld zu zeigen, hat nichts mit passivem Ertragen und gefügiger Ausdauer zu tun. Es ist ein aktiver Prozess, zu dem, was ist, Ja zu sagen, achtsam Bedürfnisse zu erspüren und diese kreativ im Rahmen des Möglichen zu erfüllen. Und meine Steinskulptur? Mit der Entscheidung mich auf den Prozess des Bauens einzulassen, gelang mir seltsam zeitlos, einige Steine in eine ansehnliche Balance zu bringen. Manchmal braucht es eine Anregung von aussen, um sich auf das Hier und Jetzt einzulassen, und eine Person, welche diesen Prozess begleitet, indem sie einfach da ist, zuhört und zulässt.

Monika Mandt, kath. Seelsorgerin

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