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Sünde, die –

Ein Versuch, den unsympathischen Begriff der Sünde zu rehabilitieren..

Wenig löst unter Nichtchristen mehr Antipathie aus als der Begriff der Sünde. Die Schuld dafür trägt die Kirche selber.

Jahrhundertelang polierte sie die Moralkeule der Sünde, zwang die Menschen unter das Joch der Versündigung, quälte deren Gewissen mit Drohungen und Vorwürfen. Hat immer noch das Gefühl, vorehelicher Sex sei das drängendste Problem in unserer Gesellschaft. Kein Wunder, wenden sich junge Menschen reihenweise angewidert von dieser heuchlerischen Moral ab.

Zeit, die Sünde zu rehabilitieren: Die Sünde ist in der Bibel definiert als eine Tat, die den Menschen von Gott entfernt. Gott hat einen Heilsplan für diese Welt, aber wir haben auch einen freien Willen: Wir können aus freien Stücken verletzen, hassen, stehlen, morden. Solche Taten reissen einen Graben in uns auf, in unserer Seele.

Dieser Graben, diese Abweichung vom Handeln im Sinne Gottes, in Liebe, bedeutet 1., dass ich innerlich spüre: Mein Verhältnis zu Gott ist zerrüttet. Ich bin mir selber fremd. Und 2., dass ich mich von Gottes Heilsplan entfernt habe, der am Werk ist in der Welt. Wenn ich mich von Gott entferne, entferne ich mich von mir selbst, von der Schöpfung und von meinem Nächsten.

Ausbeutung, Unterdrückung, Teilnahmslosigkeit, Gefühllosigkeit. Das sind die wahren Sünden. Sex ist keine Sünde – Sex, der eine innere Leere füllen und tatsächliche, verantwortungsvolle Liebe und Beziehung ersetzen soll, kann Sünde sein.

Was ich noch sagen wollte: Niemand kann unverschuldet sündig sein. Sünde ist immer 1. aus freiem Willen geschehen und 2. subjektiv. Im Neuen Testament findet mit Jesus eine Verschiebung statt: weg von der Gesetzesreligion des Alten Testaments hin zum menschlichen Abwägen – und Vergeben. Konstituierend für die Sünde ist nun die Entscheidung dazu.

Und beurteilen, ob jemand nicht in gutem Gewissen gehandelt hat, kann nur die handelnde Person selbst. Die Kirche kann weder das Gewissen einer Person lesen noch deren guten Willen widerlegen. Das bedeutet, sie kann den Stab nicht über jemandem brechen. Das kann nur Gott.

Sebastian Schafer


katholisch kompakt im Überblick

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