Gemeinschaftsbildendes Erlebnis – der Weihnachtschor in Münsingen. Foto: Pascale Amez

Süsser die Kehlen nie klingen

Im Münsinger Weihnachtsprojektchor singen im Advent jeweils über 80 Menschen alte und neue Weihnachtslieder.

Seit 2012 gibt es in Münsingen einen Weihnachtsprojektchor. Auch dieses Jahr singen Jung und Alt gemeinsam bekannte und neue weihnachtliche Lieder – aus voller Kehle und mit offenem Herzen.

Von Anouk Hiedl

Anita Strahm (47) stiess vor sieben Jahren zum damals brandneuen Münsinger Weihnachtsprojektchor. Seither ist sie dabei, denn mittlerweile gehört dieser für sie zur Adventszeit. «Alle geben ihr Bestes und singen mit Freude. So richtig zufrieden bin ich, wenn es an Weihnachten in der Kirche so toll tönt wie in den Proben.»

Gesungene Theologie

Ob Vorschulkinder, Betagte, Singgewohnte oder Unsichere, alle können mitmachen. Diesmal sind die Sänger*innen zwischen drei und 84 Jahre alt. Die mit Klavier und Gitarre begleiteten Lieder klingen schon in der ersten Probe recht gut. An drei Abenden trifft sich der Chor unter der Leitung von Felix Klingenbeck und Judith von Ah. Die beiden stellen jeweils einen Mix aus traditionellen und unbekannteren, internationalen Weihnachtsliedern und Kanons zusammen und kombinieren manche mit Bewegung. «Bei der Zusammenstellung sind wir Jäger und Sammler», schmunzelt der Pfarreileiter. «Nicht wenige vom Chor nehmen das Liederheft heim, und so erklingen die Melodien vor Weihnachten auch zu Hause.» Im Liedgut schwappe auch Theologisches in die Familien über, so Felix Klingenbeck, «Reicher als ein grosser König ist das kleine Kind», laute es zum Beispiel in einer Strophe. Auch Stern-Metaphern tauchen in vielen Liedern auf.

Projektchor statt Krippenspiel

Der generationenübergreifende Chor entstand aus dem Gedanken, dass nicht Kinder etwas für die Erwachsenen «aufführen», sondern dass alle beteiligt sind und miteinander Weihnachten feiern können. So ist es denn auch: Der Chor schafft in der Pfarrei Gemeinschaft, die über Familien und Schulklassen hinausgeht. «Einige Alleinstehende haben übers Singen zusammengefunden und Heiligabend nach dem Gottesdienst gemeinsam bei einem Fondue verbracht», erinnert sich Felix Klingenbeck.

Im Dezember fällt der Religionsunterricht der Primarstufe aus. Stattdessen dürfen die Kinder im Weihnachtschor mitsingen. Rund 30 Schüler*innen tun das auch, zum Teil mit ihren Eltern oder Grosseltern. Heidi Sterchi etwa ist 2015 im «pfarrblatt» auf eine Voranzeige des Weihnachtsprojektchors gestossen. Seither ist sie mit ihrer Tochter Lenia (11) dabei, und seit 2017 singt auch Amina (8) mit. Das wohlklingende, mehrstimmige afrikanische Wiegenlied «Osi Buku» liegt den Schwestern besonders am Herzen, und Heidi Sterchi schätzt die besinnliche, schöne Stimmung der Proben, welche die oft hektische Vorweihnachtszeit entschleunige.

Einstimmung aufs Fest

Der Weihnachtschor ist mittlerweile auf über 80 Personen angewachsen. Das macht das gemeinsame Gesangserlebnis noch eindrücklicher. Auch die Zahl der Männer steigt an. André Kaiser Huber (60) ist zum achten Mal dabei. 2012 hat ihn die Begeisterung seines damals siebenjährigen Sohnes motiviert mitzusingen. «Es war für Jonas jedes Mal etwas Besonderes, im Dunkeln nochmals hinauszugehen, im Pfarreizentrum mit anderen zu singen und danach für seine Begriffe spät nach Hause zu kommen. Auf dem Heimweg summten wir die Melodie weiter oder sangen sie in die Winternacht hinaus.»

Auch heute ist es dem Vater wichtig, den Advent bewusst zu gestalten und zu erleben, unter anderem im Chor. Bei mehrstimmigen Liedern lege er im Bass «gerne einen Teppich untendurch» und staune, «was wir in nur drei Proben zustande bringen». Spontan mag er Andrew Bonds «Du, Bethlehem» am liebsten, das wunderbar tragend auf eine besinnliche und frohe Weihnachtszeit einstimme. «Und bei ‹Stille Nacht› an Heiligabend kommt mir immer noch das Augenwasser, obwohl ich das ‹in himmlischer Ruh’› mit meiner Stimme schon längst nicht mehr erreiche.»

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