Karin Mykytjuk-Hitz, Geschäftsführerin im Haus der Religionen

«Unser Haus bleibt ein Haus der Begegnung»

Die Corona-Krise hat das Haus der Religionen in Bern hart getroffen. Die Finanzlage bleibt ungewiss.

Die Corona-Krise hat das Haus der Religionen in Bern hart getroffen. Die Finanzlage bleibt ungewiss. Regula Mader, Präsidentin des Vereins Haus der Religionen – Dialog der Kulturen, und Geschäftsführerin Karin Mykytjuk geben Auskunft.

 

Was hat Corona bei Ihnen persönlich ausgelöst?

Viele Fragen und eine grosse Verunsicherung. Gleichzeitig auch ein Gefühl gesellschaftlicher Solidarisierung und die Erkenntnis, dass wir alle im gleichen Boot sitzen. Ein ganz besonderer Anlass war die interreligiöse Feier, die vom Schweizer Fernsehen und Radio übertragen wurde. Sie zeigte einmal mehr die Einzigartigkeit unseres Hauses mit acht verschiedenen Religionsgemeinschaften unter einem Dach. Im Laufe der Wochen stellte sich eine entspannte Ruhe ein, eine Verlangsamung und ein Hinunterfahren. Die ermöglichte Ein-kehr und eine Besinnung auf das Wesentliche.

Wie ist die Situation für das Haus der Religionen?

Wir bewegten uns im Spannungsfeld zwischen Unsicherheit und Offenheit gleichzeitig. Covid-19 hatte die Schliessung des gesamten Hauses, des Dialogbereichs mit Restaurant und der Religionsräume aller Glaubensgemeinschaften zur Folge. Grosse finanzielle Sorgen plagten uns und insbesondere auch die Religionsgemeinschaften, die angewiesen sind auf die Einnahmen aus Vermietungen und Veranstaltungen wie Workshops etc.

Wir haben Gesuche um finanzielle Unterstützung, Ausfallentschädigung für Veranstaltungen und Kurzarbeitsentschädigung für die Mitarbeitenden gestellt. Glücklicherweise wurde ein Teil dieser Gesuche gutgeheissen. Im Haus leben wir von Dialog und von Begegnungen. Das Fehlen von Menschen im Haus war deshalb eine Herausforderung, insbesondere auch für belastete Menschen, die sonst regelmässig kommen und bei uns engagiert sind.

Auch standen die Religionsgemeinschaften vor der Herausforderung, ihre Angebote digital und anders zu organisieren. So wurden beispielsweise viele Predigten, Schiur, Pujas online übertragen, teils mit weltweiter Rezeption mit über 50 000 Life-views. Und Vertreter*innen der Religionsgemeinschaften machten Balkonbesuche oder brachten alten oder kranken Menschen Essen, Medikamente und etwas Abwechslung in ihren Alltag.

In einem zweiten Schritt erfolgte das Verfassen von Schutzkonzepten für den Dialogbereich, das Restaurant «Vanakam» und die Religionsräume. Wir haben auf Anfrage des Bundes ein Musterkonzept für religiöse Gemeinschaften verfasst. Zudem wurden wir an eine Sitzung mit Herrn Bundesrat Alain Berset im Zusammenhang mit der Wiedereröffnung von Religionsräumen eingeladen und konnten insbesondere die Stimme von kleinen Religionsgemeinschaften vertreten. Dann erfolgte selbstverständlich auch die Anschaffung von Schutzmaterial.

Wie geht es weiter, Chancen und Risiken?

Eine Herausforderung ist sicherlich nach wie vor unsere finanzielle Situation, die sich trotz Unterstützung verschärft hat. Eine Erkenntnis daraus ist, dass wir uns noch vermehrt dem Fundraising zuwenden müssen und hier personelle Unterstützung benötigen.

Chancen sehen wir darin, dass eine Besinnung auf das Wesentliche erfolgt und der interreligiöse Austausch durch die Krise angeregt worden ist. Die gemeinsame interreligiöse Feier kann als Vorbild für weitere Feiern dienen.

Nebst dem nach den Sommerferien erweitert nutzbaren Familienraum sind auch im Restaurant neue Essensangebote entstanden.Erfreulich ist auch, dass das internationale Interesse am Haus der Religionen – Dialog der Kulturen zunimmt. Wir haben vermehrt Anfragen aus dem Ausland, von ausländischen Universitäten, anderen multireligiösen Bau- und Strukturprojekten in Europa und weltweit.

Neue Normalität? Was wird anders, was bleibt?

Es war schön zu erleben, dass gleich nach der Wiedereröffnung wieder Menschen ins Haus kamen und kommen. Einige haben uns gesagt, wie sehr sie unser Haus und die Begegnungen, das Essen, die Stimmung, die Kultur vermisst haben. Ungewöhnlich ist es nach wie vor, Abstand zu halten. Die Umsetzung der Schutzkonzepte ist organisatorisch sehr aufwendig. Es kommen weniger Menschen zu Führungen, sie finden in kleineren Gruppen statt. Normalität gibt es nicht mehr; wir leben in einer anderen Welt. Unser Haus bleibt jedoch ein Haus der Begegnung, des Austausches, der Kultur, Jugend, Soziales, Integration und vieles mehr.

Anouk Hiedl, Mitarbeit kr

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