Dreikönigskuchen nach klassischem Rezept. Die drei Könige – Kaspar, Melchior und Balthasar – hätten ihn vermutlich als Proviant durchaus geschätzt. Wiewohl ihre Namen reine Legende im Lauf der Zeit sind. Was will man mehr: Schöne Namen und guter Kuchen! Foto: Andreas Krummenacher

Von plötzlichen Erkenntnissen und Königskuchen

Die Dreikönigskuchen sind in diesen Tagen omnipräsent. Woher kommt dieser Brauch und was feiern wir eigentlich an diesem 6. Januar, am Fest der Heiligen Drei Könige?

In diesen Tagen sind sie überaus begehrt – die Dreikönigskuchen. Das Gebäck wird im Familien- und Freundeskreis, ja sogar am Arbeitsplatz verzehrt. Wer wird König, wer wird Königin für einen Tag? Das entscheidet ein kleines Figürchen im Kuchenstück.


Am 6. Januar kommt vieles zusammen. Die drei Könige tauchen auf, Epiphanie. Der alte Name des kirchlichen Feiertages. Heidnische und vorschristliche Bräuche und Inhalte lassen sich zu Beginn des Jahres ebenfalls ausmachen. Der Jahresanfang generell wurde speziell gefeiert, es gab und gibt Winterbräuche, Fastnachtsbräuche, Geistergeschichten – es ist eine vielschichtige Zeit.

Epiphanie?
«Und da hatte ich mein Epiphanie-Erlebnis» – dieses Sprachbild bezeichnet in manch einem Roman eine plötzliche, unerwartete Erkenntnis, gleichsam eine Offenbarung. Epiphanie heisst das kirchliche Hochfest am 6. Januar. Es meint «Erscheinung des Herrn». Gott zeigt sich unter den Menschen.
Biblisch umfasst das Fest drei Ereignisse: die Anbetung der Könige, die Taufe Jesu und die Hochzeit in Kana. An dieser besagten Hochzeit nämlich wird Jesus als Sohn Gottes, als Messias den Menschen vorgestellt. Er zeigt sich.

Mit dem 6. Januar verbinden wir heute wahrscheinlich und vor allem die Heiligen Drei Könige. Kulinarisch untrennbar mit dem Dreikönigskuchen verbunden. In der Bibel steht allerdings nichts von Königen, vom Königskuchen ganz zu schweigen. Es steht auch nirgends, dass es deren drei Könige gewesen sein sollen. Die Legende schmückte sich im Lauf der Zeit immer mehr aus.

Im biblischen Text, den Matthäus verfasst hat, heisst es: «Als Jesus zur Zeit des Königs Herodes in Betlehem in Judäa geboren worden war, kamen Sterndeuter aus dem Osten nach Jerusalem und fragten: ‹Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.›»
Schliesslich finden Sie das Baby, sie sind überglücklich. So heisst es im biblischen Text des Lukas. Etwas weiter steht geschrieben, dass diese Magier dem göttlichen Kind ihre Gaben brachten, nämlich Gold, Weihrauch und Myrrhe. Auch hier: Kein Kuchen, nirgends. Wir müssen dafür etwas ausholen und kommen zu einem sehr kommerziellen Schluss.

Endlich: Der Kuchen
Im alten Rom, so kann man lesen, soll es zu Ehren des Saatengottes Saturn alljährlich nach der Wintersaat ein Volksfest gegeben haben. Dabei versteckte man in einem Kuchen eine Bohne, der Finder wurde König, gar Gott für einen Tag. Die Quellenlage aber ist dünn, ob das so stimmt, bleibt sehr ungewiss.

Im Mittelalter bezeugt sind dann spezielle Festessen zum Dreikönigstag. Dabei gab es womöglich schon im 15. Jahrhundert einen Dreikönigskuchen, inklusive versteckter Bohne. Wer sie in seinem Stück fand, der war «Bohnenkönig». Es gibt ein Bild zum Monat Januar aus dem Stundenbuch der Burgunderherzogin Adelaide von Savoyen, auf dem wahrscheinlich dieser Kuchen abgebildet ist. Soweit die Annahme der Historiker*innen.

Der Theologe und Chronist Sebastian Franck erzählt dann 1754 in seinem Weltbuch erstmals vom Dreikönigskuchen. Bei ihm heisst es, dass jeder Vater (!) am Dreikönigstag einen guten Lebkuchen backen solle. Als Königsfigur dient eine Münze. Der Finder sollte drei Mal hochgelebt werden.

Im Zeitalter der Reformation verschwindet der Brauch. In den reformierten Gebieten wettert man über die «Fresserei und Sauferei». In der Schweiz gerät der Brauch sogar vollständig in Vergessenheit.

Der simple, kommerzielle Schlusspunkt
Unglaublich aber wahr – Anfang der 1950 Jahre lanciert der Schweizerische Bäcker- und Confiseurmeister-Verband den Brauch neu. Der Brot- und Gebäckforscher Max Währen stiess auf den Brauch und kann den Verband für eine Wiederbelebung gewinnen. Die Luzerner Bäckerfachschule Richemont, so schreibt es der Verband auf seiner Homepage, erfindet damals das noch heute «bewährte Rezept für einen passenden süssen Kuchen aus Hefeteig».

Die Bohne wird schon bald durch eine Plastikfigur eines Königs – und heute natürlich einer Königin – ersetz. Unverzichtbar ist auch die goldene Papierkrone. Wer in seinem Kuchenstück das darin verborgene Königsfigürchen findet, darf sich nun etwas wünschen oder wird vom Abwasch befreit.

Der Dreikönigskuchen ist in der Schweiz eines der beliebtesten Gebäcke. Der Bäckermeisterverband gibt an, dass in den Bäckereien «um die 1,5 Millionen Kuchen ihre begeisterten Abnehmer» finden würden.

In unterschiedlichen Formen und Rezepten gibt es Königskuchen von Mexiko bis Frankreich. Hier sind es die Galette des Rois oder der Gâteau des Rois, aus Griechenland bekannt ist das Königsbrot oder der Glückskuchen «Vasilopita», der Bolo Rei aus Portugal oder der spanische Roscón de Reyes runden das Bild ab. Der Kuchen wäre damit ausfindig gemacht, das Epiphanie-Erlebnis steht derweil noch aus. Vielleicht ergibt es sich ja beim Genuss eines besonders feinen Stücks des Hefegebäcks.

Andreas Krummenacher

 

LINKS 

Rezept 1: Das klassische Rezept zum Schweizer Dreikönigskuchen gibt es hier bei Betty Bossi
Rezept 2:
Der griechische Glückskuchen zum Dreikönigstag «Vasilopita»

Geschichte: Der Historiker Konrad J. Kuhn hat sich in einer Abhandlung dem Dreikönigskuchen gewidmet. Erschienen ist sie in der Zeitschrift «Schweizerisches Archiv für Volkskunde», Heft 2 (2009): «Dreikönigskuchen: ein Brauch der Gegenwart zwischen ritueller Funktion, Archaisierung und Kommerz». HIER online als PDF zu lesen.

 

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