Weihnachten: Gott im Schwachen

In einer Landkapelle im tropischen Bolivien: Nach dem Evangelium sage ich zum Gemeindeleiter: «Don Ramon, jetzt kannst du das Christkind in die Hängematte legen.» Er: «Wir haben kein Christkind. Die Ratten haben das alte zerfressen und wir bekamen nicht genug Geld zusammen, um ein neues zu kaufen» (etwa Fr. 15.–). Alle Augen sind auf mich gerichtet. Das Herz zieht sich mir zusammen. Ich vergesse meine vorbereitete Predigt und beginne bei null: «Weihnacht ohne Christkind? Ist das schlimm? Was meint ihr? Wo ist Gott? In der Hängematte? Im Himmel? Als die Hütte von Don Manuel niederbrannte und ihr seiner Familie ein Dach und Essen gegeben habt – und als Frau Elsa ihren Mann verlor und ihr für sie auf dem Feld gearbeitet habt: Wo war da Gott? Ja, er war in euren Herzen und Händen. Er ist immer in euch, wenn ihr füreinander da seid ...»
An dieser Weihnacht ohne Christkind leuchteten die Kerosin-Lampen hell und klangen die Lieder fröhlich. Nicht so falsch wie der Glitzer und die Musik in unseren Geschäften. Wegen der armen Menschen mag ich Weihnachten wieder. Es sagt mir: In jedem armen, hilflosen Menschen möchte Gott erkannt und geliebt werden, und in jedem Menschen, der liebt, ist Gott präsent. An Weihnachten feiern wir diese Verbundenheit von Gott und Mensch in der Liebe. Die drei Könige lehren uns, dass die Weisheit darin besteht, sich den Armen zuzuwenden. Denn die Qualität unserer Welt misst sich daran, wie es den Schwächsten geht. Gott ist die Liebe. Weihnacht ist, wenn die Liebe in dir geboren wird.

Das Lebenshaus unseres Glaubens gleicht einer grossen Kathedrale, an der seit nunmehr 2000 Jahren ununterbrochen gebaut wird. Unzählige Bauherren haben  daran mitgewirkt: die frühchristlichen Gemeinden und Evangelisten, der   Glaubenssinn von Millionen Menschen, das kirchliche Lehramt, Prophetinnen und   Propheten. José Balmer schreibt über seinen Glauben. Ganz persönlich. In den  1980er Jahren lebte er in Bolivien. Sein Glaube ist von den Erfahrungen in dieser  Weltgegend geprägt.

Wer auf seine Anregungen einsteigen will, kritisch, zustimmen oder ergänzend, kann das in unserem begleitenden Forum tun (Online-Formular, Email).

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