Wie kann und soll die katholische Kirche kommunizieren? Dieser Frage wurde am Weiterbildungstag nachgegangen.

Weiterbildungstag Social media

«Die katholische Kirche muss bezüglich der neuen Kommunikationsformen anschlussfähig bleiben.»

Social Media verändern zurzeit grundlegend die Art und Weise, wie sich die Bevölkerung und die Kirchenmitglieder informieren. Müssen nun alle Pfarreien per sofort auf Facebook und Instagram kommunizieren? Nein, lautete die Antwort am Weiterbildungstag vom letzten Freitag in Bern. Aber die Redaktionsteams in den Pfarreien müssen sich mit den neuen Kommunikationsformen auseinandersetzen und verstehen, wie diese funktionieren.


«Wir gedenken heute eines Influencers*, der nur zwölf Follower hatte.», postete Christian Schenkel vergangene Pfingsten auf seinem privaten Facebook-Profil. Der Social Media-Experte und Dozent am «pfarrblatt»-Weiterbildungstag für die Verantwortlichen in den Pfarreien erklärte bestechend klar, wie soziale Medien bisherige Kanäle wie Zeitung und Fernsehen ablösen und warum Dialog eine grundlegende Eigenschaft der neuen Medien ist.

Neue Kommunikationsformen
Menschen, die mit den Möglichkeiten des Internets und der Social Media aufgewachsen sind, sind sich gewohnt, übers Netz diejenigen Informationen zu holen, die sie brauchen – sei es ein Veranstaltungsdatum oder eine Anleitung zur Meditation über YouTube. Darüber hinaus lassen sie sich über soziale Netzwerke vom Freundeskreis Unterhaltung und News zukommen. Da wird geteilt, kommentiert und geliked – Information geschieht im Austausch. Das ist eine völlig neue Kommunikationsform, die einem Gespräch vieler mit vielen gleicht.

Bereit sein für den Dialog
Christian Schenkel wies darauf hin, dass soziale Medien unser Kommunikationsverhalten weiter verändern würden. Wichtig sei nun, dass die katholische Kirche anschlussfähig bleibe. Es sei gewöhnungsbedüftig, dass Beiträge Reaktionen auslösen, die von allen einsehbar sind. Davor und auch vor anderen Meinungen brauchten die Redaktionsteams keine Angst zu haben.
Er ermutigte die «pfarrblatt»-Verantwortlichen in den Pfarreien auch mal Fragen zu stellen, gut zu beobachten und zu erfahren, welche Themen die Leute beschäftigen. Damit keine diskriminierenden oder deplatzierten Kommentare die Diskussion stören, können die Redaktionsteams Spielregeln – eine sogenannte Netiquette – formulieren und ankündigen, dass alle Kommentare und Beiträge, welche dieser Netiquette nicht entsprechen, gelöscht würden. Das bringt klare Verhältnisse und ermöglicht konstruktive Dialoge auf den Social Media.

Chancen und Hürden
Die Teilnehmenden aus den Pfarreien im Kanton Bern diskutierten untereinander intensiv die Vor- und Nachteile einer Kommunikation via Social Media. Chancen sahen sie vor allem für die Kommunikation mit jungen Erwachsenen und um sich als Kirche zu zeigen – als Organisation, die sich zu einer grossen Palette von Glaubens- und Lebensfragen äussert, zu Themen die emotional ansprechen und bewegen.

Als Hindernis benannten die Teilnehmenden klar das fehlende Know-how um auf den neuen Medien passende Beiträge zu publizieren und der bedeutende Zeitaufwand. Die Pfarrei müsste, wenn sie sich für eine Kommunikation via Social Media entscheidet, personelle Ressourcen einplanen und entsprechende Kompetenzen im Stellenprofil vorsehen.

Interessant war die Einsicht, dass mit den sozialen Medien Menschen mit Menschen kommunizieren, statt die Institution Kirche mit ihren Gläubigen. Dies bedeutet konkret, dass in der Pfarrei sowohl der Pfarrer als auch die Sekretärin posten, Kommentare verwalten und Fragen beantworten können – sofern sie dafür geschult sind und ihnen Guidelines zur Verfügung stehen.

Nur mit klarem Konzept
Bis jetzt haben in der Schweiz erst wenige Pfarreien einen Social Media-Auftritt. Christian Schenkel betonte am Weiterbildungstag, einen Auftritt zu starten, nur weil die anderen einen hätten, führe nur zu Enttäuschungen. Erst wenn die Pfarrei ein Konzept hat, wenn klar ist, an wen man sich richtet, mit welchen Themen und welche Kommunikationsziele zu erreichen sind, soll sie den Schritt wagen. Konzeptuelle Hilfestellungen haben die Teilnehmenden in der Weiterbildung nun erhalten. Und sie schienen beim Aufbrechen auch recht motiviert: Endlich hätte ihnen jemand erklären können, um was es bei Social Media gehe. Und der Kurstag hätte ihnen die Angst genommen.

Susan Glättli Fachjournalistin,
leitet die Agentur ecotext in Bern.
Sie organisierte den Weiterbildungstag zu Social Media im Auftrag des «pfarrblatt».


* Influencer sind Social Media-Promis. Sie haben eine starke Präsenz und ein hohes Ansehen auf einem oder mehreren sozialen Netzwerken. Nutzen sie ihren Status für Werbung und Vermarktung, verdienen die Influencer viel Geld. «Jugendliche wollten heute statt Popstar oder Astronaut Influencer werden.»

Auch das «pfarrblatt» ist diesem Wandel im Kommunikationsverhalten unterworfen. Die Redaktion in Bern überlegt sich, wie sich das «pfarrblatt» weiterentwickeln kann, damit es zukünftig Leserinnen und Lesern aller Altersgruppen gerecht wird. Im nächsten Jahr erscheint das «pfarrblatt» gedruckt nur noch alle 14 Tage.
Die Webseiten der Pfarreien und des «pfarrblatt» werden also wichtiger. Bereits klar ist, dass auf den Social Media nicht die gleichen Inhalte in der gleichen Form publiziert werden können, wie bisher im «pfarrblatt» üblich war. Welche Inhalte sich eignen und wie sich die Pastoralräume für die Bewirtschaftung eines Auftritts organisieren, wird im nächsten Jahr diskutiert.

Hinweise:
Anleitung für Pfarrpersonen der evangelischen Kirche Deutschlands. Sehr anregend!
Beispiel Social Media Guidelines für Mitarbeitende der Kirche

 

 

Diese Website nutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung der Site stimmen Sie deren Verwendung zu und akzeptieren unsere Datenschutzrichtlinien.