«Wenn du eine Ausbildung erhältst, kannst du selber Entscheidungen treffen.» Francisca Serianae, Samburu-Frau, Kenia. Foto: missio

Weltmissionssonntag

Bildung ist einer der Schwerpunkte kirchlicher Arbeit in Kenia. Missio unterstützt entsprechende Initiativen und zeigt, wie sie zu einem Wandel führen.

Bildung ist einer der Schwerpunkte kirchlicher Arbeit in Kenia. Sie eröffnet Männern und Frauen Räume, um Verantwortung in Kirche und Gesellschaft zu übernehmen. Missio unterstützt diese Initiativen und zeigt, wie sie zu einem Wandel führen.


«Heute gibt es Frauen, die in ihren Volksgruppen Chiefs oder Assistant Chiefs sind.» erklärt Yolanda Mavasa stolz. «Nicht so wie früher, als eine Frau keine Chance hatte, ein solches Amt inne zu haben.» Die zierliche Frau gehört zur Ethnie der Turkana, einem traditionellen Nomadenvolk im Norden Kenias. Hier, im Norden, ist eine funktionierende Infrastruktur kaum vorhanden. Es fehlen Schulen, Gesundheitsstationen und andere soziale Einrichtungen. Umso wichtiger ist deshalb das Bildungsangebot der Kirche. Zusammen mit weiteren Frauen und Männern aus fünf verschiedenen Ethnien nimmt sie an einer Weiterbildung der katholischen Kirche im Bistum Maralal teil. Heute geht es um die Planung der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit, denn die Männer und Frauen animieren die Kinder- und Jugendarbeit im Bistum.

Vom Bildungsangebot profitieren vor allem Mädchen und junge Frauen. «Denn heute, wenn du eine Ausbildung erhältst, kannst du selber Entscheidungen treffen.» unterstreicht Francisca Serianae selbstbewusst das Engagement der Kirche. «Du weisst, was du für dein Leben benötigst. Du kannst für dich entscheiden.» Francisca, eine Samburu-Frau, weiss, wovon sie spricht. In der Kultur ihrer Ethnie gibt es die Beschneidung von Mädchen und die Kinderehe: «Manchmal wurden zwölfjährige Mädchen 35-jährigen Männern gegeben.» Aber hier vollzieht sich ein Wandel, wenn auch nur langsam. Es sind zum Beispiel die Ordensfrauen der Mary-Immaculate-Kongregation, die betroffene Mädchen in einem Zentrum aufnehmen und vor einer Kinderehe schützen. «Sie helfen wirklich», sagt Francesca über die Arbeit der Schwestern und resümiert: «Durch Bildung und das Christentum verändern sich die Dinge Schritt für Schritt zum Besseren.»

Mit der Bildung einher geht auch die Vertiefung des Glaubens. Die Frauen im Weiterbildungskurs sind stolz darauf, katholische Christinnen zu sein: «Du kannst das Wort Gottes lesen. Du kannst jede Gruppe in der Kirche leiten. Da gibt es Freiheit.» Sie dienen nicht, sondern tragen echte Verantwortung. Es sind vor allem die Small Christian Communities, die Kleinen Christlichen Gemeinschaften, die das Wesen und Wirken der Kirche vor Ort prägen. In der Kirche haben diese Frauen die Möglichkeit, etwas zu tun, was sie in der ländlich-traditionellen Gesellschaft kaum können. Die Kirche hat ihnen hier Räume eröffnet, damit diese Teilhabe und Teilnahme geschehen kann. Das ist ein wichtiger Dienst für alle, damit Leben für alle möglich ist.

Die katholische Kirche in Kenia spielt auch eine gesellschaftliche Rolle und hat integratives Potenzial. Der gemeinsame Glaube hilft, die Grenzen zwischen den Ethnien zu überwinden: «Wir sind viele aus unterschiedlichen Gemeinschaften, doch im Moment, wenn wir zur Kirche kommen, werden wir eins», sagt Francisca. Der Glaube führt zur Verbundenheit, wie zwischen Geschwistern. Das, was sie trennt, lassen sie zuhause. Auch hier findet ein Mentalitätswandel statt. Denn zwischen den verschiedenen Ethnien kommt es immer wieder zu Streitigkeiten wegen Weidegebieten, Wasser oder anderen Ressourcen. Auch hier versucht die Kirche, Frieden zu stiften und Brücken zu bauen.

Der italienischstämmige Bischof Virgilio Pante aus dem Bistum Maralal in Nordkenia erzählt – nicht ohne Stolz – von den Erfolgen der Bildung: «Diejenigen, die vor dreissig Jahren in unseren Schulen waren, sind heute Führungspersonen. Viele, die sich in der Politik hier engagieren, waren unsere Schüler.» Und er nennt auch einen ganz konkret: «Der stellvertretende Gouverneur hier war einer meiner Seminaristen, Joseph. Wir beginnen jetzt die Früchte unserer Arbeit zu sehen.» Dabei war das nicht immer so, denn die Kirche, die erst seit gut 50 Jahren präsent ist, wurde als Hilfsorganisation gesehen. Sie erfüllte Aufgaben, die eigentlich der Staat erfüllen hätte sollen. Auch hier gibt es einen allmählichen Mentalitätswandel. Die Kirche hat in all den Jahren dazugelernt, indem sie sich auf die Menschen vor Ort eingelassen hat. Und die Menschen haben gelernt und ein Stück weit erfahren, was es bedeuten kann, das «Leben in Fülle» zu haben.

Die Herausforderungen, mit denen die Menschen konfrontiert sind, sind existenzieller Natur. Deshalb ist die Kirche gefordert, existenziell relevante Antworten zu geben. Sie sieht die existenziellen Nöte und nimmt sich ihrer an.Mit der Kollekte vom Weltmissionssonntag ist es möglich, dass engagierte Männer und Frauen ihr Potenzial entwickeln können und «Leben für alle» möglich wird.

Siegfried Ostermann, Missio

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