Flavia Schürmann, Jahrgang 1989, aus Kestenholz SO, Vollstudium kath. Theologie an der Universität Luzern, zurzeit als Erasmusstudentin in Münster

"Wen suchst Du?"

Es sagt ihr Jesus: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Jene meint, dass es der Gärtner ist und, sagt ihm: Herr, wenn du ihn wegtrugst, sprich zu mir, wohin du ihn legtest, und ich werde ihn holen. Es sagte ihr Jesus: Maria! Sich umwendend sagt jene ihm hebräisch: Rabbuni, das heisst Lehrer. Joh 20,15-16

Mit dieser Bibelstelle habe ich mich einmal während einer Meditation etwas länger auseinandergesetzt und sie begleitet mich seither in unterschiedlichen Lebenskontexten. Mich beeindruckt und berührt die Textstelle, weil Maria in ihrer wohl unbeschreiblich tiefen Erschütterung und Bestürzung über den Tod Jesu und im Schock über das leere Grab nicht einfach stehen gelassen wird – nein, sie wird gar zur ersten Zeugin, dass Jesus Christus lebt. Das johanneische Evangelium schildert, dass zwei Engel wie auch Jesus selbst Maria, die Magdalanerin, direkt ansprechen. Mit den Fragen «Was weinst du?», «Wen suchst du?» wird der Unfassbarkeit jener Geschehnisse, die sie gesehen und erfahren hat, Raum geschaffen.

Es ist eine existenzielle Frage, die auch mich trifft. «Wen (oder was) suche ich in meinem Leben?» Maria sucht den Leichnam ihres Herrn und erkennt Jesus vorerst nicht, obwohl er ihr «Gegenüber » ist. Jesus braucht aber kein einziges aufklärendes Wort, um sie ihn erkennen zu lassen. Er nennt sie einzig in direkter Anrede bei ihrem Namen. So verstehe ich es, dass dieses Von-Gott-Angesprochensein ihre Sinne ihr Herz öffnet, und sie erkennt ihren Lehrer Jesus. Dies ist eine Textstelle, die ich auch für mein eigenes Leben als sinnbildlich erachte. Bei der Suche nach Gott stellen sich mir immer neue Fragen und ich kann in meiner menschlichen Begrenztheit nie zur letzten Gewissheit kommen. Ich hoffe und vertraue aber darauf, dass auch ich erfahren darf, dass Gott mir «gegenüber steht», mich direkt anspricht und mich bei meinem Namen ruft.  

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