Erwin Tanner, Generalsekretär der Schweizerischen Bischofskonferenz, SBK-Präsident Bischof Felix Gmür und Encarnación Berger-Lobato, Leiterin Kommunikation

Wenig erwarten, jedoch viel erhoffen

Bischöfe wollen Glaubwürdigkeit zurückgewinnen

Die Schweizer Bischöfe stossen einen Gesprächsprozess zur Erneuerung der Kirche an. Glaubwürdigkeit soll zurückgewonnen werden.

Vom 16. bis 18. September fand in Saint-Maurice die Vollversammlung der Schweizer Bischofskonferenz statt. Traditionell findet am Tag darauf in der Berner Dreifaltigkeitspfarrei eine Medienkonferenz statt. Der Präsident der SBK, Bischof Felix Gmür, informierte also am 19. September über die Themen, die an der Versammlung besprochen wurden.

Schwerpunkt war offenbar das Dossier «Erneuerung der Kirche». Hintergrund ist die «Glaubwürdigkeitskrise, in der die katholische Kirche steckt», wie es Felix Gmür ausdrückte. Sexualisierte Gewalt, Kirchenaustritte, Frustration, teilweise sei die Einheit gefährdet – die bischöfliche Liste der Problemfelder war schnell gemacht. Man wolle nun vorangehen, über die Probleme sprechen und konkrete Lösungen erarbeiten. Allerdings soll dieser Prozess nicht von den Bischöfen geführt werden, sondern von den Gläubigen.

Im Zentrum soll das von Papst Franziskus gewünschte «Charisma des Zuhörens» stehen. Der Prozess wird offen geführt. Eine externe Steuerungsgruppe, also ohne Beteiligung der Bischöfe, gleist die Gesprächsrunden auf, koordiniert und moderiert diesen Prozess. Menschen für die Gespräche sollen gesucht, Themen können selbstständig definiert werden. Die Bischöfe hoffen, Junge und Alte, Frauen und Männer, Laien und Geweihte, Migrant*innen sowie Schweizer*innen in diesen Prozess einbinden zu können. Es sollen jene mit den «leisen Stimmen» gehört werden, so Bischof Felix Gmür.

«Gemeinsam auf dem Weg für die Erneuerung der Kirche», so lautet der vollständige Arbeitstitel dieses Projektes. Keine Frage dürfe Tabu sein, nichts soll ausgeklammert werden. Der Prozess soll idealerweise nicht länger als drei Jahre dauern. Die Rolle der Frauen, Glaubensweitergabe, sexuelle Übergriffe, Machtmissbruach, Zölibat – die Themen sind altbekannt.

In Deutschland heisst dieser Reformprozess «synodaler Weg». Der Begriff der Synode führte zu Verwirrung und harscher Kritik aus Rom. Der Präfekt der vatikanischen Bischofskongregation Marc Ouellet rief den deutschen Bischöfen unlängst in Erinnerung, dass dieser Prozess «effektiv und im Einklang mit der Weltkirche beschritten werden» müsse. Bischof Felix Gmür sagte an der Pressekonferenz: «Wir gehen den Weg der Wiedererlangung der Glaubwürdigkeit im Einklang mit der Weltkirche, auf unsere Art, zur Freude am Evangelium.»

Resultat dieser «gutschweizerischen» Gesprächsrunden könnten Aufträge an die Bischofskonferenz sein, Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten beispielsweise in den Pfarreien klar zu benennen oder bei konkreten Anliegen den Kontakt mit den vatikanischen Behörden und dem Papst zu suchen. Bischof Felix Gmür zeigte sich engagiert.

Gleichwohl blieb vieles unklar, wird sich entwickeln müssen. Im Hinterkopf erinnert man sich an die Synode 72. Bis Mitte der 1970er Jahre wurde versucht, die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils für die Ortskirchen in der Schweiz umzusetzen. Das war ein breitabgestützter Prozess. Allein – Die Mehrheit der Vorschläge und Eingaben lehnte Rom rundweg ab. Die Mehrheit der auf Beschlüssen der Synode 72 beruhenden Eingaben der Schweizer Bischöfe lehnte Rom ab. Immerhin nicht alles. Damals wie heute und zur Freude des Evangeliums bleibt grosse Hoffnung trotz geringer Erwartung.

Weitere Themen der Vollversammlung

Die Bischöfe nahmen weiter die Arbeit der Nationalkommission Justitia et Pax zur Kenntnis genommen. Die Kommission sich seit exakt 50 Jahren im Auftrag der Bischofskonferenz mit «gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Fragen und macht dies aus einer sozialethischen Perspektive».

Die neueste Statistik zu sexuellen Übergriffen im kirchlichen Umfeld wurde besprochen. Hier würden die Zahlen zeigen, so Bischof Felix Gmür, dass die «getroffenen Massnahmen Wirkung zeigen». Konkret gibt es bloss drei Fälle im Zusammenhang mit sogenannt «unerwünschten Avancen oder sexuell gefärbter Äusserungen». Den diözesanen Fachstellen wurden ausserdem 28 verjährte Fälle zur Kenntnis gebracht, die sich mehrheitlich zwischen 1950 und 1980 erreignet hätten. Es könne Fälle geben, so Bischof Gmür, die direkt den staatlichen Gremien oder anderen Gremien gemeldet würden. Davon habe die Bischofskonferenz keine Kenntnis.

Konzerverantwortungsinitiative: Die Mitglieder der SBK würden die die Sorgen der Initianten der teilen und unterstützen . Bischof Felix Gmür, er ist selber Stiftungsratspräsident des Fastenopfers, also einer der Trägerorganisationen der Initiative, teilte seine Eindrücke aus seiner letzten Reise in Kolumbien. Er konnte vor Ort feststellen, welche zerstörerischen Auswirkungen der Minenabbau nach sich zieht. Die Initiative beinhalte wichtige Schritte in Richtung einer «integralen Ökologie», ganz im Sinne wie sie Papst Franziskus in «Laudato sì» beschrieben habe.

Zum Schluss noch Interessant: Es gibt neu eine Beauftragte der Schweizerischen Bischofskonferenz für China-Fragen. Dr. Brigitte Maria Fischer Züger aus Altendorf soll sich hier mit den Bischöfen über die katholischen Kirche und deren Probleme in China austauschen.

Andreas Krummenacher

 

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