Wie ein kleines Schiff scheint die Kapelle Sogn Benedetg hinein in die Landschaft zu fahren. Foto: Niklaus Baschung

Wenn die Kapelle wie ein Schiff in die Landschaft fährt

„Wenn du in Graubünden, in der Region Surselva, Ferien machst, musst du die Kapelle Sogn Benedetg besuchen, “ hatte mir ein Bekannter vorgeschlagen.

„Wenn du in Graubünden, in der Region Surselva, Ferien machst, musst du die Kapelle Sogn Benedetg besuchen, “ hatte mir ein Bekannter vorgeschlagen. Ich habe den Ratschlag befolgt - und werde wiederkommen.  

Die Kapelle Sogn Benedetg oberhalb des Dorfes Sumvitg vorzustellen, erinnert an die Redensart: „Eulen nach Athen tragen“. Als 1984 eine Lawine die alte Kapelle zerstörte hat, beschloss das Kloster Disentis als Eigentümer, eine neue zu errichten. Der schliesslich vom berühmten Architekten Peter Zumthor 1988 realisierte Bau ist mittlerweile ein bekanntes Ziel von Touristen, Architekturinteressierten und auch von Gläubigen. Im Internet sind aufschlussreiche Beschreibungen zu finden. Wer die Kapelle unvoreingenommen besuchen will, liest sie erst im Nachhinein. Dann ist eine ganz persönliche Begegnung möglich. Sonst ergeht es den Besucher und Besucherinnen wie der Touristengruppe vor uns, die sich darüber belustigt, dass der Holzbau von aussen gar nicht als Kapelle erkennbar sei. Genau dieses Exotische scheinen sie aber gesucht zu haben. Als die Gruppe weiterzieht, können wir in der Kapelle über längere Zeit nur zu zweit verweilen.

Wer sich der Kapelle von unten nähert, kann sie tatsächlich fast übersehen in ihrem verwitterten Holzkleid und ihren überraschend kleinen Ausmassen. Überraschend, weil man nach der längeren Fahrt hinauf zum Weiler etwas Imposanteres erwartet und die Wohnhäuser in der Umgebung ungleich grösser wirken. Von oberhalb betrachtet, werden jedoch das kleine Kreuz, der ebenso unauffällige Glockenträger und vor allem die eigenwillige Gebäudeform sichtbar. Wie ein kleines Schiff scheint die Kapelle hinein in die Landschaft zu fahren, oder besser: hinauf über die Berge dem Horizont entgegen. Dieser Blick allein entschädigt für die längere Anreise.

Wir treten in die Kapelle hinein und fühlen uns aufgenommen in einen Schiffsbauch, behütet. Die Deckenkontruktion erinnert an ein Fischgerippe, vielleicht wurden wir wie Jonas im Ersten Testament vom Fisch verschlungen. Jedenfalls lädt dieser Raum geradezu zum Innehaben ein. Ausser der kleinen „Madonna mit Jesuskind“-Darstellung am Tabernakel lenken keine Bilder oder Skulpturen die Augen ab. Und trotzdem ist die Aussenwelt präsent in Form von Sonnenstrahlen, die durch die Oberlichter je nach Sonnenstand auf die Kirchenbänke oder die Seitenwände fallen. Vom Zisterzienser Bernhard von Clairvaux (1091 – 1153) stammt der Gedanke: „Es ist gut, dass du in die Kirche kommst; besser noch, sie kommt in dich.“ Dies ist hier erfahrbar.

Niklaus Baschung

Der Weg zur Kapelle: vom Bahnhof Sumvitg/Cumpadials der Beschilderung (braune Tafel) bis ins Dorf Sumvitg folgen. Dort die Hauptstrasse überqueren und weiterhin der Beschilderung Richtung S. Benedetg folgen. Öffnungszeiten: Die Kapelle ist tagsüber immer offen. Ausnahmen gibt es nur, wenn private Veranstaltungen dort abgehalten werden.

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