Michel Dängeli (1980) Historiker und Präses von Jungwacht und Blauring Bern

Wider alle Dogmen

"Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat" Mk 2,27

Es begab sich, dass Jesus von den Schriftgelehrten zur Rechenschaft gezogen wurde, weil seine Jünger an einem Sabbat Ähren pflückten und die Weizenkörner assen. Dabei störten sich die Gelehrten nicht am Mundraub, sondern daran, dass dieser an einem Sabbat geschah. An einem Sabbat, an dem an nichts Hand angelegt werden durfte. Jesus entgegnete ihnen, dass der Sabbat für den Menschen da sei und nicht umgekehrt. In meinen Augen ist dies ein klares Bekenntnis gegen Gesetze, welche um ihrer selbst willen da sind. Ein Bekenntnis gegen Gesetze, welche solange tradierte wurden, bis sie zu Dogmen gerannen. Es handelt sich hierbei um ein grundsätzliches Prinzip, das bei Auslegungsfragen immer angewendet werden sollte: Dient ein Gesetz dem Menschen, oder dient der Mensch dem Gesetz? Es geht darum Gesetze historisch-kritisch zu betrachten und diese nicht wortwörtlich, sondern im jeweiligen Kontext auszulegen.

Der Mensch soll dabei im Mittelpunkt stehen und es geht nicht an, die Verantwortung für das eigene Handeln auf das  geschriebene Wort abzuschieben. Ich verstehe diese Bibelstelle als Aufforderung Verantwortung zu übernehmen und damit als Anleitung zur Freiheit. Denn auch heute gibt es sie, die "Ährenpflücker" und "Schriftgelehrten". Warum dürfen zum Beispiel Frauen nicht Priester werden oder Priester nicht heiraten? Wie beurteilt sich die päpstliche Unfehlbarkeit vor diesem Hintergrund? Was sagt uns diese Bibelstelle zum strikten Abtreibungsverbot oder zum Verbot der Empfängnisverhütung? Fragen über Fragen, ich berufe mich daher gerne auf den englischen Schriftsteller Gilbert Chesterton, welcher Gesetze mit Laternenpfählen verglich: "Laternenpfähle sind dazu da, dass sie den Weg beleuchten – nur Betrunkene halten sich daran fest."

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