Zusammen tragen sie die Entscheidung zum Widerstand: Franziska und Franz Jägerstätter (Valerie Pachner und August Diehl). Foto: Walt Disney Company Schweiz

Wie Glaube und Liebe in die Freiheit führen

«A Hidden Life»: eine filmische Hommage an den Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter und seine Frau Franziska

Terrence Malicks neuer Film «A Hidden Life» ist eine Hommage an den Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter und an seine Frau Franziska – eine moderne Dorothea von Flüe.


von Franz-Xaver Hiestand SJ, Leiter des aki Zürich

Der US-amerikanische Regisseur Terrence Malick galt jahrzehntelang als genialer, rätselhafter Filmemacher. Begründet wurde sein Ruf im Jahre 1973 durch seinen Erstling Badlands. In 30 Jahren drehte er nur drei Filme. Alle waren überragend. Ab 2005 schuf er sechs weitere, die weniger überzeugten.

Nun meldet sich Malick, der nahöstliche Wurzeln hat und der anglikanischen Kirche angehört, mit einem dreistündigen, sehenswerten Werk zurück. In «A Hidden Life» (Ein verborgenes Leben) widmet er sich Franziska und Franz Jägerstätter, Bauersleuten aus Oberösterreich. Aus Gewissensgründen verweigert der Ehemann im zweiten Weltkrieg den Kriegs­dienst bei der Wehrmacht. Christentum und Nationalsozialismus sind für ihn unvereinbar. Seine Frau trägt seine Entscheidung mit. Er wird hingerichtet, sie gerät in Armut und wird sozial ausgegrenzt.

Die wahre Widerstandsgeschichte des vitalen, frommen katholischen Ehepaars nimmt der Filmemacher zum Anlass, um radikal über den Sinn einer solchen Weigerung zu meditieren. Wieweit besitzt der Einzelne einen freien Willen? Darf das Gewissen im Ernstfall Rücksicht nehmen auf materielle oder gesellschaftliche Bedingungen? Dies interessiert ihn. Bildmächtig schildert er zunächst, wie das Paar in Harmonie mit der ländlichen Natur ein kleines Paradies schaffen will, das der zunehmend bedrohlichen Umwelt trotzt. Fragwürdig ist bloss, dass Malick einige Dorfbewohner stereotyp dumpf zeichnet und nicht klar wird, weswegen einige Akteure Deutsch, andere Englisch sprechen. Beklemmend berichtet er dann, wie auch kirchliche Amtsträger und andere Gläubige sich von den beiden distanzieren. «Es werden Männer kommen, die die Wahrheit nicht bekämpfen, sondern sie ignorieren werden», sagt eine Figur, als nehme sie heutige Entwicklungen in den Blick. Nach 75 Minuten besteigt Jägerstätter den Zug, der ihn in die Armee, ins Gefängnis, in Misshandlungen und inniges Gebet führt.

Zuweilen wirkt es, als beleuchte Malick seine Hauptfiguren von innen. Minutenlang beten sie. Kritiker monieren, der Film sei überlang. Doch die lange filmische Einleitung ist nötig, damit diese Gebetsszenen ihren existenziellen Ernst entfalten können. Franz und «Fani» (Franziska) verzweifeln, schreiben Briefe, bleiben Liebende und vertrauen doch. Ihr Drama legt nahe, wie menschliche Liebe, Glaubenskraft und Treue zum Evangelium einzelne Menschen trotz Druck, Barbarei und Gewalt in elementare innere Freiheit führen.

Niemand werde je von seiner Tat, von seinem Widerstand erfahren, vernimmt Franz immer wieder. Doch der Film mündet in das Zitat der britischen Schriftstellerin George Eliot, das dem Werk den Titel verleiht: «Dass es um (…) mich nicht so schlecht steht (…), das verdanken wir zur Hälfte den Menschen, die voll gläubigen Vertrauens ein Leben im Verborgenen geführt haben und in Gräbern ruhen, die kein Mensch kennt.»

Grossartig spielen August Diehl (Franz Jägerstätter) und Bruno Ganz in einem seiner letzten Filmauftritte. Übertroffen werden sie von Valerie Pachner. Sie verleiht «Fani» Jägerstätter die leuchtenden Züge einer ebenso warmherzigen wie entschiedenen und gescheiten Frau.

Die reale Franziska Jägerstätter hat ihren Mann um 70 Jahre überlebt. Der jetzige Linzer Bischof Manfred Scheuer schreibt: Wir «verdanken» ihr «Franz Jägerstätter. Sie war zunächst religiös die Aktivere (…). So ist für Franz der Wille Gottes auch durch Franziska vermittelt worden. Wenn sie nicht zu ihm gehalten hätte, dann hätte er niemanden gehabt.» Das erinnert Schweizer Ohren an Dorothea von Flüe. Zeugnisse legen nahe, dass die Jägerstätters Niklaus von Flüe verehrten. Malicks Film ist ein Argument des Glaubens für die kirchliche Seligsprechung auch von Franziska Jägerstätter.



Jetzt im Kino
A Hidden Life (Ein verborgenes Leben), Deutschland/USA 2019, 174 Minuten.
Regie: Terrence Malick, mit: Valerie Pachner, August Diehl, Bruno Ganz.
Der Film läuft ab Donnerstag, 30. Januar, im Kino CineMovie Bern, und im Rex, Biel.

 

 

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