Michael Marti, Rudolf Muggli, Christoph Neuhaus und Roman Mayer (v.l.) Foto: Pia Neuenschwander

Wir kommen nicht darum herum

Verhältnis Kirche und Staat

  • Rechtsanwalt Rudolf Muggli und Ökonom Michael Marti haben zusammen mit einem Autorenteam den Bericht «Das Verhältnis von Kirche und Staat im Kanton Bern. Eine Auslegeordnung» vorgelegt. Zur Lektüre empfohlen!
  • Regierungsrat Christoph Neuhaus hat diesen Bericht in Auftrag gegeben.
  • Der Regierungsrat möchte nach eigenen Worten den Landeskirchen mehr Kompetenzen zugestehen. Namentlich sollen künftig die Pfarrpersonen von den Kirchen selbst angestellt werden.
  • Der politische Prozess hat nun eingesetzt. Kirchgemeinden, Landeskirchen und Pfarreiverantwortliche sind eingeladen, Stellung zu nehmen. Im Herbst folgt die Debatte im bernischen Grossen Rat.

So weit die Fakten. An dieser Stelle folgt nun keine stringente Argumentation, keine sachliche Auseinandersetzung mit den Berichten, keine Zusammenfassung oder hochwissenschaftliche Disputation. Im Gegenteil. Zum Thema wurde sehr viel geschrieben und kommentiert. Man kann das alles online finden. Was bleibt sind Beobachtungen, Anmerkungen und journalistische Klugscheissereien – bitte entschuldigen Sie die Wortwahl – ganz subjektiv und ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Eine Glosse in 10 Punkten ...

1. Am 27. März präsentierte Regierungsrat Christoph Neuhaus im Sitzungszimmer 7 des Berner Rathauses den Expertenbericht und den Bericht des Regierungsrates mit den Schlussfolgerungen. Regierungsrat Neuhaus war gelassen. Er wirkte nicht gerade desinteressiert, aber er war – um es diplomatisch zu formulieren – auch schon engagierter.

2. Im Anschluss an den Regierungsrat folgte im Sitzungszimmer 5 desselben Hauses die Antwort der Kirchen. Das regierungsrätliche Sitzungszimmer war hell und hoch und luftig. Das kirchliche Sitzungszimmer war historisch und relativ dunkel und etwas stickig. Es lag zudem tief in den Eingeweiden des Rathauses. Das journalistische Interesse war gewaltig. Die Fragen der schreibenden Zunft eher dürftig.

3. Die Kirchen waren emotional, sie wirkten leicht empört. Sie malten das Gespenst weiterer Sparmassnahmen an die Wand. Obwohl, ist es ein Gespenst? Der Staat sagt, es sei keine Sparvorlage. Sollte es also dennoch dazu kommen, dann kann das Verhältnis zu eben diesem Staat als durchaus zerstört angesehen werden. Dann gäbe es keine Absolution mehr.

4. Die Experten Muggli/Marti schreiben, dass das von der Allgemeinheit für die Kirchen eingesetzte Geld grossmehrheitlich dieser Allgemeinheit nütze. Bei der röm.-kath. Kirche schätzen die Autoren die gesellschaftlichen Leistungen auf 30 Mio. Franken. Sie schreiben aber auch, bei der Berechnung seien Unschärfen auszumachen.

5. Der Regierungsrat und die Kirchen sind sich einig, dass das aktuelle System gut funktioniert. Die enge Zusammenarbeit führe zu Verständnis. Angesichts des politischen Drucks und der sich wandelnden Gesellschaft will der Staat nun aber kleine Änderungen vornehmen.

6. Die vorgeschlagenen Änderungen sind nicht wirklich zu bestreiten. Das scheint gutschweizerisch ein Mittelweg zu sein. Es ist auf jeden Fall eine grosse Chance für die Kirchen. Sie müssen jetzt die Führung übernehmen, sich aktiv einbringen und die Änderungen in Angriff nehmen. Die finanzielle Basis muss gesichert sein – alles andere wäre das Brechen von Versprechen.

7. Rechtlich muss zudem alles einwandfrei in Ordnung sein. Die Rolle des Beauftragten für kirchliche Angelegenheiten wird noch zu reden geben. Wie wäre es mit einem Leistungsvertrag zwischen Kirche und Staat, in dem geregelt wird, dass der Staat für die Kirchen das Personalwesen übernimmt.

8. Im 23-seitigen Bericht des Regierungsrates wird explizit und ausschliesslich von der ev.-ref. Kirche gesprochen. Die anderen Kirchen kommen nicht vor. Sehr irritierend.

9. Dazu passt: Bloss am Rand und sehr stiefmütterlich wird vom Regierungsrat das Verhältnis zwischen Kanton und anderen Religionsgemeinschaften behandelt. Es scheint ein heisses Eisen zu sein, das niemand anpacken will und vor dem man sich politisch hüben wie drüben fürchtet.

10. Zum Schluss: Im Interesse des inneren Friedens kommt der Staat nicht darum herum, sich mit der Religion und deren Rolle für den Zusammenhalt der Gesellschaft zu befassen. Ob einem das nun passt oder nicht. Am Ende des Tages zeigt sich auch, dass alles nicht so heiss gegessen wird, wie von manchen gedacht.

Andreas Krummenacher

 

Website der katholischen Landeskirche des Kantons Bern
Kirche und Staat. Interview mit Synodalratspräsident Josef Wäckerle
Expertenbericht - Zusammenfassung
Bericht des Regierungsrats - Zusammenfassung

Diese Website nutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung der Site stimmen Sie deren Verwendung zu und akzeptieren unsere Datenschutzrichtlinien.