«Ich kann dafür sorgen, dass sich Frauen trauen, in Leitungspositionen gewählt zu werden», sagt Marie-Louise Beyeler. Foto: Ruben Sprich

«Wir müssen als Landeskirche selbstbewusst hinstehen»

Hoffnungen und Pläne von Marie-Louise Beyeler, neue Präsidentin des Landkirchenrates.

Am 21. August wählte das Landeskirchenparlament Marie-Louise Beyeler zur Präsidentin des Landkirchenrates. Worauf sie sich freut und was ihr Sorge bereitet.

Sylvia Stam

«pfarrblatt»: Weshalb wurden gerade Sie zur Präsidentin gewählt?

Marie-Louise Beyeler: Man kennt mich, ich kenne die Situation der katholischen Kirche im Kanton Bern, ich habe Erfahrung in der Zusammenarbeit mit verschiedenen Gremien.

In der Vorrede zur Wahl hiess es, Sie hätten mit dem Entscheid gerungen. Weshalb?

Ich bin seit vier Jahren Mitglied des Landeskirchenrates und habe die Tätigkeit meines Vorgängers Heinrich Gisler aufmerksam verfolgt. Als die Anfrage für das Präsidium an mich kam, dachte ich zuerst: «Unmöglich. Man kann Heiri Gisler nicht ersetzen.»

Was hat Sie dennoch zum Ja bewogen?

In ausführlichen Gesprächen hat Heiri Gisler klar bekräftigt: «Das kannst du». Darüber hinaus habe ich das Vertrauen, mit einem gut aufgestellten Rat und einer effizienten Geschäftsstelle zusammenzuarbeiten.

Letzte Woche wurde mit Judith Pörksen Roder ebenfalls eine Frau an die Spitze der reformierten Landeskirche Bern-Jura-Solothurn gewählt. Zufall oder Zeichen der Zeit?*

Das ist sicher ein Zeichen der Zeit. In der demokratisch strukturierten Landeskirche können Frauen ja schon lange aktiv mitarbeiten. Ich freue mich sehr auf die ökumenische Zusammenarbeit mit Judith Pörksen.

Was können Sie in Ihrer Funktion für die Gleichstellung der Frauen in der katholischen Kirche bewirken?

Ich kann dafür sorgen, dass sich Frauen trauen, in Gremien und Leitungspositionen gewählt zu werden, etwa als Kirchgemeindepräsidentinnen. Als Präsidentin des bernischen Landeskirchenrates kann ich jedoch nicht in Solothurn oder Rom verlangen, dass auch auf pastoraler Seite Gleichberechtigung umgesetzt wird. Das ist ein weiter Weg, den wir Schritt für Schritt miteinander gehen in der Hoffnung, dass sich irgendwann etwas bewegt.

Auf welche Aufgaben freuen Sie sich am meisten?

Ich freue mich darauf, mit Menschen zusammen für Menschen dazusein: mit der Geschäftsstelle, mit den Behörden im ganzen Kanton, mit dem Bischofsvikariat, mit den Fachstellen. Ich möchte mich engagieren in der Frage, wo der Weg der Kirche lang geht: Wie gestaltet sich die Einschätzung der kantonalen Politiker*innen gegenüber dem Wert kirchlicher Arbeit? Hier müssen wir als Landeskirche selbstbewusst hinstehen und zu sagen: «Das wird in der Kirche geleistet, dafür brauchen wir Ressourcen.»

Vor welchen Aufgaben haben Sie Respekt?

Genau davor: Die finanzielle Entwicklung im Kanton macht mir grosse Sorgen. Wenn Menschen aus der Kirche austreten, wenn als Folge der wirtschaftlichen Situation die Steuereinnahmen sinken und somit die finanziellen Mittel schwinden – das müssen wir leider zur Kenntnis nehmen.

Was kann die Landeskirche dem entgegensetzen?

Wir können die Mitglieder unserer Landeskirche davon überzeugen, dass es sich lohnt, dabei zu bleiben – auch wenn man nicht immer mit allem einverstanden ist. Dass es sich lohnt, in einer Kirche zu sein, die sinnstiftend ist und die sich in unserer Gesellschaft für Menschen aller Generationen in unterschiedlichsten Lebenssituationen einsetzt.

 

Die Theologin Marie-Louise Beyeler (65) ist seit vier Jahren Landeskirchenrätin. Frühere kirchliche Tätigkeiten waren das Präsidium der Kirchgemeinde Bruder Klaus Bern, die Mitgliedschaft im Kleinen Kirchenrat der GKG Bern, die Pastoralraumleitung im Seeland. Sie ist Mutter von fünf erwachsenen Kindern und drei Enkelkindern und lebt in Bern.

 * Marie-Louise Beyeler ist im Unterschied zu Judith Pörksen Roder nicht die erste Frau in diesem Amt. 2016 wurde Claire Haltner  zur Präsidentin des Landeskirchenrats gewählt. Krankheitsbedingt konnte sie dieses Amt jedoch nur wenige Wochen ausführen. Interimsmässig übernahm Elisabeth Kaufmann das Amt bis zur Wahl von Heinrich Gisler 2017.

 


Landeskirchenrat neu besetzt

Am 21. August wurden Sabine Kempf, René Löffler Berchtold und Barbara von Mérey-Zeller neu in den Landeskirchenrat gewählt. Die bisherigen Rudolf Ammann, Roland Steck und Robert Zemp bleiben im Amt.
Das Parlament stimmte ausserdem einem neuen Leistungsvertrag mit Caritas Bern zu: Das Hilfswerk erhält für die nächsten fünf Jahre jährlich 300'000 Franken. Das sind 70'000 Franken weniger als bisher. Als Grund für die Kürzung nennt die Landeskirche die Schaffung ihrer «Fachstelle Pastorale Bereiche». Der Landeskirchenrat wolle eine doppelte Finanzierung von Aufgaben, die sowohl Caritas wie die Fachstelle erbringen, vermeiden.

Die Medienmitteilung der Landeskirche finden Sie hier.

 

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