Magdalena Strebel (1942–2017). Foto: Jürg Meienberg

Zum Tod von Magdalena Strebel (1942-2017)

Die Mitarbeiterin in unzähligen caritativen Einrichtungen hinterlässt eine grosse Lücke.. Sie starb am 19. August an ihrem 75. Geburtstag.

Am Freitag, 18 August besuchten wir gemeinsam eine Abdankungsfeier in der Dreifaltigkeitskirche Bern. «Morgen Samstag feiere ich mit meiner Familie in St. Gallen meinen 75. Geburtstag», erzählte sie mir beim Abschied. Am Geburtstagsabend erlitt sie einen Herzinfarkt und starb. Magdalena Strebel, ehemalige Kleine Schwester Jesu, und pensionierte Pflegefachfrau der Gefängnisabteilung des Inselspitales, Mitarbeiterin in unzähligen caritativen Einrichtungen wie die der Prairie in Bern, hinterlässt eine grosse Lücke.

Ihr Einsatz für Flüchtlinge, Sans-Papiers, Menschen auf der Gasse und in Not war unermüdlich. Machtmissbrauch in Kirche und Politik verabscheute sie. In verschiedenen kirchlichen Basisgruppen engagierte sie sich wie die Witwe im Evangelium nach Lukas. Diese liess einen Richter nicht in Ruhe, bis er zu sich selber sagte: «Ich will dieser Witwe zu ihrem Recht verhelfen, denn sie lässt mich nicht in Ruhe. Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht.»

Magdalena Strebel kämpfte nicht für ihre Rechte, sondern für die von anderen. Vor Jahren kam sie tatsächlich mit einem blauen Auge ans Treffen einer Bibel-Austauschgruppe. Ich dachte zuerst, sie hätte sich mit einem Politiker oder Kirchenfürsten angelegt. Sie konnte eben ziemlich aufsässig sein. Sie aber steckte sich eine Zigarette an und erzählte, sie habe sich so aufgeregt über die Verschärfung des Asylrechtes, dass sie wie blind in einen Lampenmast gelaufen sei.

Der wöchentliche Mittagstisch für Sans-Papiers in der Pfarrei St. Marien Pfarrei Bern bedeutete ihr viel. Sie kannte jeden Gast, vermittelte Hilfe, unterstützte, verhandelte mit Behörden und Polizei. Eine Augenerkrankung plagte sie. Sie liess sich nicht unterkriegen. Der Tod ihres Freundes und Seelsorgers Ruedi Albisser machte ihr lange zu schaffen.

«Die letzten fünf Jahre sind hart gewesen», bemerkte sie noch, als wir uns nach der Abdankungsfeier verabschiedeten. Es klang nicht bitter, eher so, als hätte sie den Zenit der Trauer überschritten. Sie wird ihn nun wieder treffen und wir sie vermissen.

Jürg Meienberg

Die Abdankungsfeier findet am 2. September, 10.30 in der Kirche Dreifaltigkeit Bern, mit Abbé Christian Schaller statt.

 

Magdalena Strebel (1942 – 2017) – Würdigungen

Empathie und Ehrlichkeit

Von Dominique Reymond
Mitglied der Kommunionhelfer*innen der Pfarrei Dreifaltigkeit Bern, Kirchgemeinderat der Paroisse und Mitglied des Grossen Kirchenrates der Gesamtkirchgemeinde Bern

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, heisst es;
Ein Bild und Worte darunter können aber auch …
zur Stille und zum Nachdenken, …
zur Ruhe und zum Dank führen.

Magdalena Strebel lernte ich im Rahmen
der Kommunionhelfer*innen der Dreif kennen.
Wache, aufmerksame und lebendige Augen,
ein Lächeln voll Güte, Geduld und Liebe.

Als wir uns austauschten, hörte sie aufmerksam zu,
ihre Aussagen waren scharf und präzis,
voll Empathie und Ehrlichkeit,
Kraft, Erfahrung und Demut zugleich.

Eine Lücke entsteht, und doch lebt sie weiter,
in unseren Seelen und Herzen,
und – wie es so schön heisst – «bis wir uns wiedersehen,
halte Gott dich, Magdalena, fest in seiner Hand».

 

Willkommen

Von Martin van Egmond,
Präsident Solidaritätsnetz Bern


Willkommen. Magdalena Strebel hiess alle wilkommen und kam immer wieder auf uns und andere zu, unabhängig davon, welche Hautfarbe oder welche Sprache jemand hatte. So war Magdalena. Bei ihr fühlten sich sehr Viele willkommen.

Schon 1984 engagierte sie sich in der Flüchtlingsgruppe der Pfarrei Dreifaltigkeit Bern und hiess viele Flüchtlinge willkommen und sicherte sich ab, dass die, die nicht direkt von ihr willkommen geheissen wurden, es ebenfalls gut hatten. So blieb es für sie, als die Solidaritätsgruppe ImmigrantInnen mit der Flüchtlingsgruppe fusionierte. Herb enttäuscht war sie, als sie bemerken musste, dass die Flüchtlingsgruppe Dreifaltigkeit keine Unterstützung der Pfarrei mehr erhielt. Sie engagierte sich darauf mit der ganzen Gruppe im Solidaritätsnetz Bern.

Sie brauchte aber für ihr Engagement nicht an erster Stelle eine Gruppe. Schon in Ihrer Arbeit im Spitalgefängnis, setzte sie sich persönlich ein, holte sich Rat, wenn sie Inhaftierte nicht als Straftäter wahrnahm. Sie stand für sie ein. Auch in ihrem privaten Umfeld und in ihrer Nachbarschaft unterstützte sie viele Nichteinheimische, mit den ihr zu Verfügung stehenden Mittel, erteilte Unterricht und organisierte Finanzen. Sie nahm mit Vielen auch das Gespräch auf, begleitete Menschen mit Rat und Tat.

Als 2007 das Regime des Nichteintretensentscheides (NEE) in der Eidgenossenschaft in Kraft trat, und viele Flüchtlinge auf der Strasse landeten, kam bald der Mittagstisch für Sans-Papiers in der Pfarrei St. Marien zustande. Magdalena Strebel war als eine der Ersten dabei, wöchentlich eine Aufgabe zu übernehmen. Sie half das Essen zubereiten, ging auf alle Gäste ein. Wenn sich jemand nicht willkommen fühlte, war sie die Erste, die davon wusste und Abhilfe schaffte.

Magdalena war nicht immer bequem. Sie hatte Mühe, vollendeten Tatsachen zu akzeptieren. Behörden in Staat und Kirche erhielten Briefe und Telefonate, wobei sie keinen besonderen Respekt übte. Vor allem dann, wenn Gäste des offenen Pfarreiheimes Prairie – sie besuchte es regelmässig - oder auch Menschen von der Gasse Unrecht angetan wurde. Sie war eine Kämpferin gegen jegliches Unrecht.

Sie war geradeaus; auch in den Sitzungen und Kontakten im Solidaritätsnetz. Dennoch fühlte sie sich im Solidaritätsnetz immer willkommen und sorgte sich um das Wohlergehen vieler Mitglieder. Sie fragte oft: «Wie geht es dir wirklich?». Sie wollte mit dieser Frage ergründen, ob sie sich persönlich noch mehr engagieren könnte. Sie war die Netzwerkerin in Person. Sie litt darunter, dass die Willkommenskultur in der Schweiz und Europa nach knapp etwas mehr als einem Jahr verschwand. Das Solidaritätsnetz Bern vermisst Magdalena sehr. Wir werden ihr Erbe bewahren. Hilfesuchende bleiben im Solidaritätsnetz willkommen.

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