Foto: Vorhang zu, www.photocase.de

Zwischenwelten

Intensivstation als potentiell spiritueller Ort und stimmige Deutung des Erlebten. Ingrid Zürcher schreibt

Wer selbst einmal Erfahrungen «zwischen den Welten» gemacht hat, weiss, wie wichtig es ist, darüber zu sprechen. Ingrid Zürcher hat es erlebt

«Wach war ich und doch nicht ganz da. Jedenfalls habe ich zwischendurch bestimmt auch geschlafen. Aber ich habe viel mitbekommen. Und in dieser Zeit dazwischen, zwischen Operation und wieder ganz zu mir kommen habe ich erlebt, was ich nicht mehr erleben möchte. Ich fühlte mich ausgesetzt und völlig gefährdet. Ich wurde zunehmend misstrauisch. Obschon eine leitende Person zu mir gekommen ist und mir gesagt hat, es komme gut und ich könne ihnen vertrauen, verstärkte das nur mein Gefühl, auf der Hut sein zu müssen. ‹Was da hinter diesen Vorhängen im Zimmer alles besprochen wird: über mich? Aber da sind auch noch andere Patienten›. Zudem sah ich Invasionen von Viechern. Und bedrohliche Gestalten.»

Immer wieder erzählen mir Patientinnen und Patienten solche und ähnliche Erfahrungen. Sie sind froh, dass sie das Erlebte überstanden haben. Zur seelsorglichen Begleitung von Menschen in veränderten Bewusstseinszuständen habe ich in meiner Weiterbildung den Hinweis mitbekommen: «Sei gewahr, dass die Intensivstation ein potentiell spiritueller Ort ist, an dem es um elementare Erfahrung von Leben und Tod geht». In den konkreten Begegnungen im Nachgang solcher Erfahrungen geht es immer wieder darum beizutragen, dass Menschen Schritte zu ihrer stimmigen Deutung des Erlebten finden können.

Pfrn. Ingrid Zürcher, ref. Seelsorgerin

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