Jährlich weihen die Bischöfe in der sogenannten Chrisammesse drei Heilige Öle. Diese werden während des kommenden Jahres in allen Pfarreien ihres Bistums für Taufen, Firmungen, Krankensalbungen und Weihen verwendet. Bischof Felix Gmür lädt dieses Jahr am 11. April in die Dreifaltigkeitsbasilika nach Bern ein.
Von Stephan Leimgruber*
Immer in der Karwoche laden die Bischöfe die Seelsorgenden ihres Bistums zur gemeinsamen Feier der Chrisammesse ein. 2020 und 2021 fielen diese grossen Gottesdienste aufgrund der Coronapandemie aus – ein herber Verlust fürs Gemeinschaftsbewusstsein der bischöflichen Mitarbeitenden. Dieses Jahr finden die Chrisammessen vielerorts wieder statt, auch im Bistum Basel (siehe Kasten).
Bischof Felix Gmür wird die drei Heiligen Öle am 11. April in der Berner Dreifaltigkeitskirche weihen: das besonders wertvolle Chrisam (lat. sanctum chrisma), das Katechumenenöl (lat. oleum catechumenorum) und das Krankenöl (lat. oleum infirmorum). Diese Öle werden danach in allen Pfarreien des Bistums verwendet: Chrisam bei Taufen und Firmungen, Diakon- und Priesterweihen sowie Kirchen-, Altar- und Glockenweihen, das Katechumenenöl zur Stärkung von Erwachsenen, die sich auf die Taufe und Firmung vorbereiten, und das Krankenöl bei Krankensalbungen.
Uralte Ursprünge
Salbungen gehen auf ägyptische und alttestamentliche Traditionen zurück. In Ägypten wurden die Verstorbenen einbalsamiert, um sie möglichst unversehrt aufzubewahren. Analog dazu wurde der Leichnam Jesu in nach Myrrhe und Aloe duftende Leinenbinden eingewickelt (Joh 19,39-40). Könige wie Saul, David und Salomon wurden zu Lebzeiten gesalbt: «Da nahm Samuel den Ölkrug und goss Saul das Öl auf das Haupt, küsste ihn und sagte: Hiermit hat der Herr dich zum Fürsten über sein Erbe gesalbt» und beauftragte ihn mit den Aufgaben des Königs (1 Sam 10,1). Diese Tradition, den Kopf zu salben, wird bis heute in der Bischofsweihe aufgenommen.
Ölweihe und erneute Versprechen
In den Schriftlesungen der Chrisammesse werden die Salbung und der Ruf in die Nachfolge Jesu aufgegriffen, zum Beispiel anhand des Johannesevangeliums: «Da nahm Maria ein Pfund echtes, kostbares Nardenöl, salbte Jesus die Füsse und trocknete sie mit ihrem Haar. Das Haus wurde vom Duft des Öls erfüllt» (Joh 12,3). Für die Weihe der Heiligen Öle singen oder sprechen der Bischof und sein Weihbischof das Weihegebet mit ausgebreiteten Händen.
Nach der Predigt lädt der Bischof zur Erneuerung der Versprechen ein. Auch er erneuert die Versprechen, die er bei seiner Bischofsweihe abgelegt hat. Danach fragt er die anwesenden Priester, Diakone und Seelsorger:innen, ob auch sie bereit sind, ihre Versprechen zu erneuern. In Gruppen antworten alle: «Ich bin bereit.» Daraufhin bittet der Bischof die Anwesenden, auch für ihn zu beten. Nach der Chrisammesse können die Sakristan:innen die Heiligen Öle für ihre Pfarreien in der Dreifaltigkeitspfarrei abholen, tags darauf dann im bischöflichen Ordinariat in Solothurn.
Die Ursprungsversion dieses Beitrags ist im Magazin «Der Sonntag» vom 7. April 2022 erschienen (S. 8 bis 10).
* Stephan Leimgruber, 73, emeritierter Prof. für Religionspädagogik und -didaktik und ehemaliger Spiritual am Priesterseminar St. Beat in Luzern, ist heute als Seelsorger in Littau (LU) tätig und schreibt für die Zeitschrift «Der Sonntag». 2015 erhielt er für sein Lebenswerk den Manfred-Görg-Preis für religionsgeschichtliche Forschung und interreligiösen Dialog.
Chrisammesse des Bistums Basel mit Bischof Felix Gmür:
Montag, 11. April 2022, 10.45, in der Dreifaltigkeitskirche Bern.
Vorbereitung der Heiligen Öle
Die drei Heiligen Öle, die Bischof Felix an der Chrisammesse weiht, unterscheiden sich in ihrer Verwendung und in ihrer Zusammensetzung. Für die 483 Pfarreien des Bistums Basel, zu dem auch der Kanton Bern gehört, sind jährlich insgesamt 95 Liter kaltgepresstes Olivenöl «extra vergine» nötig. Dieses bezieht Michele Grosso, Fachmitarbeiter des Bischöflichen Ordinariats, beim Kolonialwarenladen Jeger in Solothurn. Ein paar Tage vor der Chrisammesse giesst er die Öle in grosse Tontöpfe und fügt ihnen nach Rezept wohlriechende Kräuteressenzen aus der Solothurner Kräuterhaus-Drogerie Zeller bei. Fürs Chrisam und das Katechumenenöl misst Michele Grosso jeweils 1 ml Rosmarinessenz (rosmarini aetheroleum) pro Liter ab. Zum Krankenöl giesst er sorgfältig die gleiche Menge Melissenessenz (melissae aetheroleum) dazu. «Fürs Chrisam braucht es zusätzlich erwärmten Peru-Balsam», erklärt er. «Dieses fügt Bischof Felix feierlich selbst im Rahmen der Chrisammesse bei.» Anouk Hiedl