Noch wird Hand angelegt, aber bald geht es los. Das Kinderhospiz Allani bei Bern. Foto: Annalena Müller

Allani-Kinderhospiz: Ein Ort, nicht nur zum Sterben

Am 13. August eröffnet das Allani als erstes Kinderhospiz der Schweiz. Ein Augenschein an einem Ort, nicht nur zum Sterben.

Am 13. August eröffnet das Allani als erstes Kinderhospiz der Schweiz. Ein Augenschein an einem Ort, nicht nur zum Sterben.

Annalena Müller

Das Allani-Kinderhospiz ist ein Gegenpol zum Inselspital. Das alte Bauernhaus steht in Riedbach, wenige Kilometer westlich von Bern. Es ist ein ruhiger Ort. Die grosse Linde neben dem Haus spendet Schatten an heissen Tagen, der Blick geht über Felder und Apfelbäume. Die Familien, die hierherkommen, brauchen das am meisten: Ruhe und Geborgenheit. Und das kann selbst das beste Krankenhaus nicht leisten.

Ein Ort, nicht nur zum Sterben

«Palliativ-Pflege für Kinder unterscheidet sich von der Erwachsener», erklärt Intensivpflegerin Simone Keller am Presseanlass zur Eröffnung des Hospizes. Kinder litten vor allem an genetischen Defekten oder neurologischen Erkrankungen. Oftmals liesse sich bei Kindern nicht vorhersehen, wie lange es zu leben habe. «Viele sterben bereits als Kleinkinder, andere erreichen das Erwachsenenalter».

Entsprechend breit sei die Ausrichtung eines Kinderhospizes. Manche Kinder kämen zum Sterben hierher. Aber nicht alle. Das Allani nimmt Patient:innen und ihre Familien für ein bis drei Wochen auf, um ihnen ein «Düreschnufe» zu ermöglichen. Denn der Alltag für Familien mit schwerstbehinderten Kindern ist hart, fügt Geschäftsführer André Glauser an. Wie hart, das erfahren die Anwesenden von Familie Rindisbacher.

Niemand weiss, wie lange Xenia leben wird

Urs und Oxana Rindisbacher sind die Eltern der neunjährigen Xenia. Sie lieben ihre Tochter. Doch ihr Alltag ist ein Hindernislauf. Allein vier Stunden pro Tag dauert das Füttern. Weitere drei bis vier Stunden kommen fürs Wickeln hinzu. Haushalt, Kochen, Spielen, Leben – das passiert irgendwo dazwischen. Wie lange Xenia leben wird, weiss niemand.

Grosser Bedarf, keine öffentlichen Gelder

Hospize sind ein schwieriges Thema in der Schweiz. In Europa gibt es 133 Kinderhospize. In der Schweiz bislang kein einziges. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, gibt es in der Schweiz keine gesetzliche Regelung für Hospize. Deswegen gibt es keine öffentlichen Gelder. Das Resultat: Hospize wie das Allani müssen sich über Spenden finanzieren.

Aktuell leben in der Schweiz circa 10'000 Kinder mit einer «potentiell lebensverkürzenden Erkrankung», wie es im Fachjargon heisst. 500 sterben jährlich. Der Bedarf für Hospizpflege ist entsprechend gross. Allani, das erste Kinder-Hospiz der Schweiz, kann gleichzeitig acht Kinder und ihre Familien aufnehmen. Bei durchgehender Vollauslastung wären das maximal 150 Familien pro Jahr. Viel zu wenig. Und doch, ein Anfang.

Auf Spenden angewiesen

Den Grossteil der Betriebskosten von jährlich gut drei Millionen Franken muss Allani daher durch Spenden aufbringen. Nur circa 30 Prozent können über IV und Krankenkasse abgerechnet werden. Für die ersten beiden Jahre sei der Betrieb gesichert. «Fundraising bleibt zentral», so Glauser.

In der Frühphase des Projektes hat die Katholische Kirche Region Bern viel geholfen. 2021 hat sie 500'000 Franken für Allani gesprochen und derart dazu beigetragen, dass das Haus gekauft werden konnte. Werden die Berner Kirchen auch künftig eine tragende Rolle in der Finanzierung spielen?

Kirche oder Kanton?

Pascal Mösli von der Reformierten Kirche Bern-Jura-Solothurn sieht in der Frage den Kanton in der Verantwortung. «Hospize sind enorm wichtig und wir begrüssen die Eröffnung des Allani ausserordentlich», sagt der Verantwortliche für Spezialseelsorge und Palliative Care. «Aber eine kirchliche Finanzierung würde falsche Signale an die Politik senden. Sie ist in der Verantwortung, die Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass ein Hospiz selbsttragend sein kann», so Mösli.

Kari Wyss, Präsident des Kleinen Kirchenrats, äussert sich weniger kategorisch. Aktuell liege kein Gesuch von Allani vor. Zentral bei einem weiteren Mitwirken sei, «dass eine längerfristige Gesamtfinanzierung zustande kommt, die verlässlich auf vielen Schultern getragen wird. Dann würde die GKG ein solches Gesuch sicher wohlwollend prüfen.»

Viele Liebe zum Detail

Obschon die Geldfrage zentral ist, soll sie im Bauernhaus vor den Toren Berns kein Thema sein. Hier stehen die Menschen im Zentrum. Und das Bestreben, den kranken Kindern und ihren Familien eine Ruhepause oder ein liebevolles Abschiednehmen zu ermöglichen.

Die Räumlichkeiten sind mit Liebe hergerichtet. In den Familienzimmern sind die Pflegebetten so justierbar, dass die Schlafcouch der Eltern angebaut werden kann und es ein «Familiennest» gibt, «wenn der Wunsch besteht», so Patrick Schafer, Pastoralraumleiter in Bern und Stiftungsrat von Allani.

Es ist eine Mixtur aus Notwendigem und Liebevollen. Pflegebetten und Anschlüsse für alle möglichen medizinischen Apparaturen, die in der Palliativpflege gebraucht werden. Daneben gibt es Kuscheltiere und kindgerechte visuelle Reize – wie der grosse Wal an der Wand des Badezimmers.

Diese Details geben dem Allani die Wärme. «Es braucht für uns Eltern gar nicht viel», sagt Vater Urs Rindisbacher. «Ein Ort, wo wir unser Kind gut umsorgt wissen, einen Kaffee unter der Linde und einen kleinen Plausch mit den Menschen hier. Das trägt so weit.»

Allani Kinderhospiz

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich für Allani zu engagieren.

Alle Informationen zu Spendemöglichkeiten finden Sie hier.

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