Peter Roth ist in der Musikkultur des Toggenburgs verwurzelt. Foto: zVg

Alle Musik hat ihre Zeit

Peter Roth verbindet volkstümliche Klänge mit Kirchenmusik

Seine «Toggenburger Passion» hat Peter Roth auch im Bernbiet bekannt gemacht. Er verbindet damit volkstümliche Klänge mit Kirchenmusik und schafft eine Weltmusik der besonderen Art. Nun führt der Projektchor Chores seine Komposition «Alles Ding hat seine Zeit» in Bern, Solothurn und Herzogenbuchsee auf.

von Karl Johannes Rechsteiner

In der Ostschweiz lebt eine ungebrochene Volksmusik-Tradition. An Alpstubeten, in Kirchenchören, bei einer Gaschtig im Wirtshaus oder beim Singen während der Arbeit wird eine besondere Kultur gepfl egt. Das ist die Heimat des Musikers und Komponisten Peter Roth. Seine Musik basiert auf Melodien, die wohltemperierte Ohren aufhorchen lassen. Zu den sperrigen und oft improvisierten Liedern ohne Worte passt die spontane Begleitung, das «grad hebe», wie es der Volksmund nennt.

«Ruguusseli» heissen die Melodien in Appenzell-Innerrhoden, «Zäuerli» in Ausserrhoden und im Toggenburg werden sie durchaus nicht abschätzig als «Johle» bezeichnet. Wer diese Gesänge als Naturjodel bezeichnet, wird der archaischen Kraft dieser traditionellen Musik nicht gerecht. Da klingen Naturtöne und Obertonklänge mit, die vom Jazz bis zur neuen Schweizer Volksmusik inspirierend wirken.


Geistliche Volksmusik

In dieser Gesangs- und Musikkultur im Toggenburg ist Peter Roth verwurzelt. 1944 in St. Gallen geboren, besuchte er das Lehrerseminar in Rorschach und wurde als Achtundsechziger in Zürich von der Studentenbewegung samt Globuskrawallen geprägt. Dort studierte er Schulmusik mit Blockflöte, Klavier und Kontrabass und war in einem Jazz-Trio zusammen mit dem Berner Pianisten und Maler Jürg Lenggenhager unterwegs.

Als junger Mann sei er in eine Wohngemeinschaft nach Nesslau gezogen, erinnert sich der Musiker und im Toggenburg heimisch geblieben. Als Dorflehrer habe er den Kirchenchor übernehmen müssen. «Sie hatten lieber einen langhaarigen Chorleiter als gar keinen», schmunzelt Peter Roth. Daraus wurden 39 Jahre und viele Werke zu Kirchenmusik: «Es hat wohl kaum je ein reformierter Kirchenmusiker so viele Messen geschrieben wie ich», lacht er.
Die Liebe zum Hackbrett liess ihn auch eine Streichmusik gründen. Diese Klänge wurden Teil seiner geistlichen Kompositionen und die vor vier Jahrzehnten komponierte «Toggenburger Passion» zu einer Erfolgsgeschichte, geliebt von Chören über klassische Requiems und Passionskonzerte hinaus.


Zwischen Hackbrett und Kreuzweg

Texte von anderen seien eine wichtige Inspiration, betont Peter Roth: «Wenn Inhalt, Sprachrhythmus und Klang der Vokale stimmen, beginnen die Texte von selbst zu tönen.» So packten ihn auch Schriften des Brandenburger Dichters und Theologen Paulus Gerhardt, die etwa auch Johann Sebastian Bach vertont hat. Er lebte im 17. Jahrhundert in einer Zeit von Krieg und Katastrophen, Pest und Pocken, sein Leben geplagt von Konflikten und Krankheiten. «Wie so manche schwere Plage, wird vom Satan umgeführt», beklagt Gerhardt, um im Refrain zu ermutigen «Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit».

Diese unverbrüchliche Zuversicht in einer Krisenzeit beeindruckte Peter Roth. Er sah Parallelen zu Corona, den Lockdowns und der Klimakatastrophe. «Genug Stoff für eine Kantate», stellte er fest. Nun wird das Werk für Chor, Soli, Orchester und Hackbrett Mitte Juni von «Chores» aufgeführt. Sein Leiter Erich Stoll pflegt die Zusammenarbeit mit Peter Roth – 2024 ist bereits eine Aufführung der «Toggenburger Passion» geplant.

Menschliche Gefühle, Eindrücke und Erfahrungen aller Sinne und Seelen verwandelt Peter Roth in Musik. «Vom Zauberklang der Dinge» heisst denn auch eine Kurzfilmserie mit und über ihn auf der Website www.peterroth.ch. Peter Roth spitzt seine Ohren, um die Welt zu hören. Wir dürfen mithören.

Peter Roth im Konzert
Berner Uraufführung von Peter Roths neuer Komposition «Alles Ding hat seine Zeit», einer weltlich-geistlichen Kantate für Chor, Soli, Orchester und Hackbrett, mit dem Projektchor Chores unter der Leitung von Erich Stoll und mit Texten von Paul Gerhardt (1607–1676).

Sa., 10. Juni, 20.00: Heiliggeistkirche Bern
So., 11. Juni, 17.00: Konzertsaal Solothurn
So., 18. Juni, 17.00: Ref. Kirche Herzogenbuchsee

Im Frühjahr 2024 führt der Projektchor Chores als Kernchor die «Toggenburger Passion» von Peter Roth unter Einbezug der Passionsbilder von Willy Fries auf. Ab 27. Oktober 2023 sind bis zu 15 Proben in Jegenstorf vorgesehen. Dafür werden noch Sänger:innen aus dem Kanton Bern gesucht.
Infos zu beiden Konzerten: www.chores.ch

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