Damit Wort und Musik im Gottesdienst wirken, braucht es mehr als gute Absprachen zwischen Liturgieverantwortlichen und Kirchenmusiker:innen. Florian Kirchhofer* über Wünsche, Erwartungen und den ersten Workshop in Kommunikation und Konfliktkultur für beide Berufsgruppen.
Anouk Hiedl
Die Predigt neigt sich dem Ende zu, der Chor macht sich fürs Credo bereit. Notenblätter rascheln. Der Priester schaut wütend auf die Empore und macht einen bissigen Kommentar. Energisch schliesst der Kirchenmusiker die Orgelschublade und ist drauf und dran zu gehen.
Ein anderer Sonntag: Der Diakon erzählt von der Zerstörung Jerusalems und lässt zum Abschluss der Predigt einen Krug in der Kirche zerbrechen. Während des Orgelspiels wischt er die Scherben zusammen.
In einer weiteren Pfarrei spricht die Gemeindeleiterin nicht über das, was sie ursprünglich vorgesehen hatte, sondern über «Ausblicke». Der Organist disponiert um und lässt im Zwischenspiel «Lueget von Bärge und Tal» erklingen.
Florian Kirchhofer weiss, wie unterschiedlich die Zusammenarbeit mit Liturgieverantwortlichen ist – der Kirchenmusiker begleitet jährlich rund 140 Gottesdienste an der Orgel und leitet fünf Chöre in verschiedenen Pfarreien.
Die obengenannten Situationen hat er zum Teil selbst so erlebt. Dass zwischen Theolog:innen und ihm die Fetzen fliegen, sei schon lange nicht mehr vorgekommen. Diskussionen gebe es immer noch, in denen er seine Erfahrungen und Bedürfnisse kundtut. Dasselbe wünscht er sich auch vom Gegenüber.
Vor einem Gottesdienst weiss Florian Kirchhofer nicht immer, worum es in der Predigt gehen und wie sich der Themenbogen entwickeln werde. Das sei in Ordnung. Heisse es nach dem Gottesdienst aber «Ich hätte mir ein beschwingtes Zwischenspiel gewünscht», sei das schade. Bei der Musikauswahl gehe er gern auf die Wünsche der Liturgieverantwortlichen ein – vorausgesetzt sie teilten ihm diese rechtzeitig mit, sei es mündlich oder mit einer Notiz im Liturgieplan.
Musik im Gottesdienst trage, tröste oder treffe eine Stimmung. «Sie unterstützt den Text oder verlangt eigene Aufmerksamkeit», sagt Florian Kirchhofer. Je nach Person variiere das – jede:r ticke anders.
Bekomme die Musik Raum, könne man es schaffen, «die Anwesenden so herunterzufahren», dass man eine Stecknadel fallen höre. Solche Momente seien wichtig. «Diese Stille ertragen manche heute nicht mehr», sagt der Kirchenmusiker. So werde der letzte ausklingende Ton eines Stücks mitunter von einem vorschnellen «Lasset uns beten» zunichte gemacht.
Florian Kirchhofer ist es wichtig, dass Mitfeiernde verändert aus dem Gottesdienst hinausgehen. «Zusammen ergeben Liturgie plus Musizierende plus Liturgieverantwortliche ein Ganzes.» Damit dies gelinge, brauche es Vertrauen und eine gute Feedbackkultur.
Im November bietet er dazu mit der Organisationsberaterin Claudine Aeberli-Hayoz eine Weiterbildung in Kommunikation und Konfliktkultur an (siehe Kasten). «Viele der unterschiedlichen Wünsche und Erwartungen können erfüllt werden. Manchmal muss man einander einfach ausdrücklich sagen, was man sich wünscht.»
In einer Trauerfeier sprach die Gemeindeleiterin von einem Schiff, das am Horizont verschwindet. «Ich untermalte ihre Worte mit feinen musikalischen Wellenbewegungen, die immer wieder anders verliefen.» Den Trauernden blieb das als wunderschön in Erinnerung. Genau darum geht es dem Kirchenmusiker: «Den Menschen ein positives, zukunftsorientiertes Gefühl mitzugeben.»
* Florian Kirchhofer ist Organist, Chorleiter und Kantor in sieben Pfarreien sowie Mitarbeiter am Liturgischen Institut im Fachbereich Kirchenmusik
Kommunikation und Konfliktkultur
Workshop für Liturgieverantwortliche und Kirchenmusiker:innen: Mi, 6. November, 09.30 bis 16.30, Pfarrei St. Peter und Paul, Zürich.
Kosten: CHF 170.–, für Liturgieverantwortliche und Kirchenmusiker:innen aus demselben Pastoralraum CHF 140.– pro Person
Weitere Infos: www.liturgie.ch (Rubrik Kurse, Kirchenmusik)
Anmeldung bis 8. Oktober: 026 484 80 60, info@liturgie.ch