In seltener Klarheit nimmt Felix Gmür, Bischof des Bistums Basel, Stellung. Foto: Pia Neuenschwander

Bischof Gmür: «Schweizer Leitungsmodelle gelten weiterhin»

Pfarreileitung und Kirchenfinanzen seien Priestern vorbehalten. Eine Publikation der Kleruskongregation erhitzt die Gemüter.

Als «theologisch defizitär und klerikalistisch verengt» bezeichnet der Basler Bischof Felix Gmür die Instruktion der Kleruskongregation. Diese sieht vor, dass nur Priester Gemeinden leiten dürfen.

Sylvia Stam

Eine Publikation der Kleruskongregation des Vatikan, von Papst Franziskus gebilligt, sorgt seit zehn Tagen für heisse Gemüter. Sie verbietet Theologinnen und Theologen ohne Weihe das Leiten von Pfarreien und fordert, dass auch die Verwaltung der Kirchenfinanzen Sache des Pfarrers ist. Das Schreiben ist mit seinem priesterzentrierten Weltbild ein Frontalangriff auf das bewährte Zusammenspiel von Klerikern und Pfarreiseelsorger*innen, wie es in der Schweiz und vor allem im Bistum Basel seit Jahren bewährte Praxis ist. Es ist ebenso ein Affront gegenüber dem dualen System, in dem die demokratisch organisierten Körperschaften die Hoheit über die Kirchenfinanzen haben.

«Entspricht nicht unserer Wirklichkeit»

Als erster Schweizer Bischof nimmt Felix Gmür in seiner Funktion als Bischof von Basel Stellung zur Instruktion, in einem zweiseitigen Brief an die Mitarbeitenden seines Bistums. In seltener Klarheit nimmt er in dabei das Schweizer System in Schutz. «Dass die Pfarrei so sehr auf den Pfarrer zentriert gesehen wird, entspricht nicht unserer Wirklichkeit», das sei vielmehr «theologisch defizitär und klerikalistisch verengt», so Gmür in seinem Schreiben vom 29. Juli mit dem Titel «Besonnen weitergehen».

Konkret hält Gmür fest, «dass unsere Leitungsmodelle sowie Berufs- und Amtsbezeichnungen weiterhin gelten.» Explizit erwähnt Gmür das Pastoralschreiben Nr. 12 der Schweizer Bischofskonferenz aus dem Jahr 2005 mit dem Titel «Beauftrage Laien im kirchlichen Dienst».

Votum für das duale System

Gmür dürfte damit Bezug nehmen auf Absatz 66 der vatikanischen Instruktion, in dem es heisst, wer nicht geweiht sei, könne auch keine Funktionen eines Pfarrers erhalten, Bezeichnungen wie «Leitungsteam» oder «ähnliche Benennungen, die eine kollegiale Leitung der Pfarrei zum Ausdruck bringen könnten» seien «zu vermeiden».

Gemeindeleiter und Pastoralraumleiterinnen wird es also im Bistum Basel weiterhin geben. Es sei auch daran erinnert, dass das Bistum vor einem Jahr entschieden hat, die despektierlichen Begriffe «Laientheolog*in» und «Pastoralassistent*in» durch «Theolog*in» und «Pfarreiseelsorger*in" zu ersetzen.

Felix Gmür spricht sich in seinem jüngsten Schreiben auch explizit für das duale System aus, welches in der Schweiz einzigartig ist. Auf solche besonderen Umstände könne die Instruktion ihrer Natur gemäss nicht eingehen. «Für uns», so Gmür, seien «diözesane Normen sowie staatliche und staatskirchenrechtliche Vorgaben wichtig».

Theologische Debatte nötig

Die Instruktion lässt für Gmür im Bereich des Rechts keine Innovation erkennen. Es bleibe vielmehr «der schale Eindruck, es gehe letztlich eben doch um die Vorrangstellung des Klerus». Eine theologische Debatte über die Stellung und den Auftrag des Priesters tue not, so Gmür. Dazu gehöre auch «die Klärung des kirchlichen Dienstamtes für Frauen und Männer» unter den «lebensweltlichen Bedingungen unserer Zeit».

Dank an alle Beteiligten

Felix Gmür will sich weiterhin dafür einsetzen, «dass das kirchliche Leben im Bistum Basel entwicklungsorientiert bleibt». Er hebt das gemeinsame Zusammenwirken und behutsame Vorgehen aller Beteiligten des kirchlichen Lebens hervor – ob Pfarreiangehörige, Priester, Theologin, Diakon, Sakristan, Katechtin oder Vertreter*in staatskirchenrechtlicher Gremien. «Ich danke Ihnen allen für das gemeinsame Suchen nach der rechten Erfüllung unseres gemeinsamen Auftrags, den Weg für die Verkündigung des Evangeliums zu ebnen», endet Gmür sein Schreiben.

Besonnen weitergehen. Stellungnahme Bischof Felix Gmür


Lesen Sie hier den Kommentar dazu von Sylvia Stam: Gmürs Paroli nach Rom ist bitter nötig

 

 

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