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Dem Wort Seele auf der Spur

Kolumne aus der Inselspitalseelsorge

Ich bleibe dem Wort Seele auf der Spur: Eine mir nahestehende Frau hat für ihre kunsthandwerkliche Arbeit die Überschrift «beseelt» gefunden. Ich habe sie so erlebt, dass sie sich entscheidet und sich dann mit grosser Hingabe dem Gewählten widmet.

Als ich das Foto des für mich beim Berufseinstieg bedeutsamen Pfarrkollegen auf seiner Todesanzeige gesehen habe, ist es mir eingefallen: Etwas, das ich an ihm so geschätzt habe, war, dass er mir sozusagen als «eine Seele von Mensch» begegnete. Eben diese Güte und Lebendigkeit erblickte ich in seinem Gesicht.

Und nochmals neu zugefallen
sind mir letzthin folgende Worte von Hildegard von Bingen:

Die Seele ist wie der Wind,
der über die Kräuter weht,
wie der Tau,
der über die Wiesen sich legt,
und wie die Regenluft,
die wachsen macht.
Desgleichen ströme der Mensch
ein Wohlwollen aus auf alle,
die da Sehnsucht tragen.

Ein Wind sei er, der den Elenden hilft,
ein Tau, der die Verlassenen tröstet.
Er sei wie die Regenluft,
die die Ermatteten aufrichtet
und sie mit der Liebe erfüllt
wie Hungernde.

Die Seele weiss für das zu sorgen, was dem Wohlsein guttut und daran mögen Menschen sich orientieren in der Zuwendung zu anderen, die unter Belastendem stehen. Offenbar hat die Seele aus der Erfahrung und Sicht von Hildegard ein grosses Potenzial. Ihr gelingt es, dies in der Sprache auszudrücken.

Ingrid Zürcher, ref. Seelsorgerin

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