Mit «SIIAAGL» als Merkhilfe: Superbia, Invidia, Ira, Acedia, Avaritia, Gula und Luxuria - die 7 Todsünden. Foto: Pia Neuenschwander

Die 7 Hauptsünden

Nach den 7 Haupttugenden befasst sich Synes Ernst diese Woche mit der Kehrseite der Medaille..

Jede Medaille hat ihre Kehrseite. So stehen den sieben Haupttugenden (Pfarrblatt Nr. 43) die sieben Haupt- oder Todsünden gegenüber. Sie benennen die Grundgefährdungen des Menschen. Hauptsünden heissen sie gemäss Katechismus der katholischen Kirche, «weil sie weitere Sünden, weitere Laster erzeugen».

Im Unterschied zu den sieben Haupttugenden und den zehn Geboten fehlt der Liste der sieben Haupt- oder Todsünden der direkte Bezug zur Bibel. Die Aufzählung geht zurück auf Euagrios Pontikos (345-399), der als Mönch in den Wüsten Ägyptens lebte und lehrte. Er zählte als erster die schlechten Gedanken auf, die den Menschen, namentlich die Mönche, vom rechten Weg abbringen.
Seine Liste umfasste allerdings nicht sieben, sondern acht negative Charaktereigenschaften: Superbia (Hochmut), Avaritia (Geiz), Luxuria (Wollust), Ira (Zorn), Gula (Völlerei), Acedia (Faulheit), Vana Gloria (Ruhmsucht) und Tristitia (Trübsinn). Papst Gregor der Grosse (540-604) bereinigte diese Kategorisierung, ordnete den Trübsinn der Faulheit bzw. die Ruhmsucht dem Hochmut zu und fügte neu die Invidua (Neid) bei – der wohl bekannteste Lasterkatalog der Menschheit war geboren.

Mit Gregor wurde das Schema der sieben Hauptsünden Teil der theologischen Lehre. Das Akronym «SIIAAGL» half den Gläubigen (und vermutlich auch dem Klerus), sich die klassische Reihenfolge zu merken. Superbia, Invidia, Ira, Acedia, Avaritia, Gula und Luxuria haben seither zighundert von Theologinnen und Theologen beschäftigt, namentlich die Unterscheidung zwischen Haupt- und Todsünden, auf die näher einzugehen den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde.

Die sieben Todsünden waren und sind nicht nur ein theologisches Thema. Sie haben sich seit dem Mittelalter zu einem «festen Denkmuster der abendländischen Kultur» (Ingo Breuer u.a.) entwickelt und dabei eine enorme Wirkungsmacht erzielt. Bereits die erste eindrückliche Schilderung durch Dante (1265-1321) in seiner «Divina Commedia» war ein literarischer Paukenschlag, nach dem man sich um die Popularität des Sündenkatalogs keine Sorgen mehr machen musste.
Es folgten im Bereich der bildenden Kunst die Maler Pieter Bruegel, weiter Albrecht Dürer und Hieronymus Bosch, dann im vergangenen Jahrhundert Alfred Kubin, Marc Chagall und Otto Dix.

Dass sich der Moralist Bertolt Brecht ebenfalls mit den sieben Todsünden befasste, musste ja sein, und es erstaunt auch kaum, dass diese immer wieder von Filmschaffenden aufgegriffen wurden. Dante hatte ja vor mehr als 650 Jahren gezeigt, wie sich das Sündenschema mit grosser Fantasie in stärkste Bilder umsetzen liess. Fritz Lang, Claude Chabrol und Roger Vadim folgten ihm nach.
Sünden-Spuren sind auch in Computerspielen zu finden und nicht zuletzt im Genre der Kriminalromane: Wenn der Schwede Arne Dahl die Titel seiner Europol-Reihe nach den sieben Todsünden benennt, beweist das, wie anregend und unerschöpflich zugleich diese Quelle heute noch ist.

Synes Ernst

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