Werbung pro Anti-Rassismus-Strafnorm im Hauptbahnhof
Zürich.
Foto: Sylvia Stam

Die Anti-Rassismus-Vorlage spaltet christliches Lager

Die einen sind für, die anderen gegen eine Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm um die sexuelle Orientierung

Die Abstimmungsvorlage vom 9. Februar entzweit die Christen in der Schweiz. Die einen sind für, die anderen gegen eine Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm um die sexuelle Orientierung. Der Graben zieht sich quer durch das katholische und reformierte Lager.

Regula Pfeifer, kath.ch

Geht es nach der Vorlage vom 9. Februar, soll fortan nicht nur die «Diskriminierung und der Hass wegen Rasse, Ethnie oder Religion» strafrechtlich verfolgt, sondern auch die Diskriminierung wegen sexueller Orientierung. Gegen dieses Gesetz ist das Referendum ergriffen worden, weshalb es nun zur Abstimmung kommt.

Für Bischöfe ist Positionsbezug heikel

Die Schweizer Bischöfe halten sich aus der Debatte raus. An ihrer Vollversammlung von Anfang Dezember in Lugano beschlossen sie, keine Empfehlung dazu abzugeben. Dies habe seinen Grund, wie Erwin Tanner, Generalsekretär der Schweizerischen Bischofskonferenz, an der diesbezüglichen Medienorientierung erklärte: «Spricht sie (die Kirche, Red.) sich für die Rechtsnormerweiterung aus, wird nach dem Verhalten im eigenen Kreis gefragt. Spricht sie sich dagegen aus, wird sie als homophob hingestellt.»

Soziallehre verbietet Diskriminierung

Die Bischöfe würden sich in dieser Frage an der Soziallehre der katholischen Kirche orientieren, so Tanner weiter. Diese halte klar fest, dass es keine Diskriminierung von Menschen aufgrund deren sexueller Ausrichtung geben dürfe. Das beinhalte umgekehrt aber keine Aussage über Beziehungen zwischen homosexuellen Menschen.

Churer Weihbischof befürchtet Gerichtsurteile

Eine eigene Stellungnahme publizierte der Churer Weihbischof Marian Eleganti. In einem Gastbeitrag auf der Webseite der Stiftung Zukunft CH sprach er sich gegen das revidierte Gesetz aus. «Jetzt sollen wir aufgrund von Antidiskriminierungsgesetzen auch noch durch Gerichtsurteile zum Schweigen gebracht – und bestraft werden,» argumentierte Eleganti.

Schwule Seelsorger sind fürs Gesetz

Für eine Erweiterung der Anti-Rassismus-Gesetzes ist der Verein Adamim – Schwule Seelsorger Schweiz. Dies öffentlich bekannt zu machen, ist ihm ein Anliegen - als Gegenüberstellung zu Äusserungen «aus der fundamentalistischen christlichen Ecke». «Wir verstehen uns dabei in Fortschreibung der Praxis Jesu, der sich für unterdrückte Minderheiten einsetzte.»

«Im Umfeld unserer seelsorgerlichen Erfahrung treffen wir in letzter Zeit immer wieder homosexuelle Opfer von verbalen oder körperlichen Übergriffen und Diskriminierungen an», heisst es seitens Adamim.

Transmenschen nicht berücksichtigt

Die Gruppe schwuler Seelsorger bedauert allerdings, dass im Gesetz die Ausweitung auf die geschlechtliche Identität weggefallen sei. Damit werde etwa Transmenschen der Schutz versagt. Adamim ist gemäss Webseite eine «aktive Gruppe von schwulen Männern im kirchlichen Dienst aus verschiedenen Konfessionen».

Reformierte Kirche für Schutz vor Diskriminierung

Ebenso gespalten wie das katholische ist das protestantische Lager. «Ja zum erweiterten Schutz vor Diskriminierung» titelt die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (EKS) ihre Mitteilung vom 7. Januar. Sie vertritt die Mehrheit der evangelisch-reformierten Kirchgemeinden und Landeskirchen sowie die Methodistischen Kirchen der Schweiz.

«Werden Menschen gezielt herabgesetzt und diskriminiert, verletzt dies ihre Würde als Geschöpfe Gottes», erklärt die EKS. Deshalb unterstütze sie die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm, die künftig verbietet, Menschen wegen ihrer sexuellen Orientierung zu diskriminieren.

Ein «Ausdruck geschöpflicher Fülle»

Die EKS selbst müsse gemäss ihrer neuen Verfassung darauf achten, dass «bei all ihrem Wirken in Wort und Tat niemand diskriminiert» werde. Zudem habe sich ihre Abgeordnetenversammlung im Sommer 2019 grundsätzlich gegen jegliche Form der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung gestellt. Die unterschiedlichen sexuellen Orientierungen würden «als Ausdruck geschöpflicher Fülle» wahrgenommen.

Evangelische Allianz will Mann-Frau-Ehe privilegieren können

Die Nein-Parole beschlossen hat hingegen der Vorstand der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA), der evangelisch-freikirchliche und evangelisch-reformierte Gemeinden und Organisationen angehören. Die erweiterte Anti-Rassismus-Strafnorm für sexuelle Minderheiten sei «problematisch und überflüssig», teilte die SEA am 8. Januar mit. Das geltende Recht biete genügend Ahndungsmöglichkeiten. Zudem sei ein Konflikt mit der Meinungsfreiheit absehbar.

Die SEA betont in der Mitteilung, sie verurteile jegliche Form von Hass und Gewalt gegenüber Menschen jeglicher sexueller Orientierung. Es müsse aber weiterhin bedenkenlos möglich sein, gemäss dem Verständnis der Bibel eine kritische Haltung zu gewissen Lebensstilen zu vertreten und für die Privilegierung der Ehe von Mann und Frau gegenüber anderen Partnerschaftsformen einzutreten.

Christkatholiken vertrauen auf mündige Gläubige

Keine Position genommen haben auf Anfrage von kath.ch die Christkatholische Kirche der Schweiz und die christlich-orthodoxen Kirchen der Schweiz. Die Christkatholische Kirche äussere sich grundsätzlich nicht zu Abstimmungsvorlagen, erklärte die Informationsbeauftragte Maja Weyermann Ihre Kirche überlasse es den mündigen Gläubigen, sich eine Meinung zu bilden und gemäss ihrer Überzeugung und ihrem Gewissen abzustimmen.

 

 

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