«Vor der Morgenröte», Deutschland/ Frankreich/ Österreich 2016, Regie: Maria Schrader, Besetzung: Josef Hader, Barbara Sukowa, Aenne Schwarz; Kinostart: 18. August 2016

Filmbesprechung - Vor der Morgenröte

Stefan Zweig im Exil

In den 30er-Jahren verlässt Stefan Zweig seine österreichische Heimat, in der er als jüdischer Schriftsteller vor den Nationalsozialisten nicht mehr sicher ist. Das Leben im Exil führt den gefeierten Autor und seine zweite Frau Lotte nach Brasilien. Dort wird er in Ehren empfangen und reist von einer Lesung, von einem Empfang zum anderen. Stapelweise Briefe von Bekannten aus Europa, die ihn um Hilfe bei Visumsgesuchen bitten, stürzen ihn in Ohnmacht und Verzweiflung. Die Gedanken an ihr Schicksal und der Schmerz über den Verlust der Heimat werden zu Zweigs ständigen Begleitern.

In sechs Episoden erzählt der Spielfilm von Zweigs Zeit im Exil, vom ersten Besuch in Buenos Aires 1936 bis zu seinem Freitod im brasilianischen Petrópolis 1942. Die Zerrissenheit von Stefan Zweig – hervorragend gespielt von Josef Hader – wird mit jeder Szene greifbarer: Dankbarkeit für das Leben in Sicherheit auf der einen, Trauer über das Verlorene auf der anderen Seite. Diese unerträgliche Spannung stimmt nachdenklich in einer Gegenwart, in der so viele Menschen auf der Flucht sind. Der Prolog des Films entlässt das Publikum mit Zeilen aus Zweigs Abschiedsbrief: «Ich grüße alle meine Freunde! Mögen Sie die Morgenröte noch sehen nach der langen Nacht! Ich, allzu Ungeduldiger, gehe ihnen voraus.»
Mit diesen Worten gibt der Film der Hoffnung auf das Licht am Ende der Nacht Raum, ohne in Kitsch abzudriften.

Laura Lots, Redaktorin Medientipp

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