Unter dem Motto «… Mehr, als du glaubst» öffneten am Samstag fünf von der Katholischen Kirche Bern unterstützte, soziale Institutionen ihre Türe. Im Rahmen des Jubiläums 225 Jahre Katholische Kirche Bern liessen sich viele diese Gelegenheit für einen Blick hinter die Kulissen nicht nehmen.
Vera Rüttimann
Sie haben Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Auch in anderen Fächern geht der Stoff einfach nicht in die Köpfe. Die Schüler:innen sitzen mit ihren Lehrern in den Klassenzimmern und lernen an ihren Laptops. Christoph Morgenthaler ist einer der Lehrer, der an diesem Nachmittag eine Besuchergruppe empfängt und über diesen Ort informiert. Viele Kinder bekommen zu wenig Unterstützung von ihren Eltern, erfahren sie. Hier bei Learn4Life wird ihnen geholfen. Seit 20 Jahren gibt es diese Non-Profit-Organisation, die versucht, solchen Schüler:innen mit für sie finanzierbarem Nachhilfeunterricht zu unterstützen.
Im Lernkomplex an der Schwarzenburgstrasse 260 in Köniz begrüsst auch Stefan Stuck, Geschäftsführer von Learn4Life, seine Gäste. Während seiner Ansprache zeigt er das Bild einer Gipfelbesteigung. «Wir von Learn4Life verstehen uns als Bergführer. Wir wollen mit den Kindern Schritt für Schritt Ziele meistern.» Es sei wichtig, ihnen zu zeigen, dass jemand an sie glaubt. Stefan Stuck ergänzt: «Einzelne Projekte, die wir nicht selbst stemmen können, finanziert die Kirche. Das führt dazu, dass die Qualität des Unterrichts besser wird.»
Was macht die Kirche Bern aus?
Bei der Führung durch das Schulgebäude ist auch Christian Geltinger, Kommunikationsleiter der Katholischen Kirche Region Bern. Über die Idee zu dieser speziellen Tour sagt er: „Wir wollen bei diesem Jubiläum nicht nur in die Vergangenheit schauen, sondern auch in die Gegenwart und in die Zukunft. Im Zentrum stehe die Frage: Was macht die katholische Kirche Bern heute aus?»
Das soziale und diakonische Engagement wolle man in den Fokus stellen, dass die Katholischen Kirche Region Bern mit Partnern, mit denen sie zusammenarbeiten, pflegen. «Wir fördern Institutionen, die sich gesellschaftlich und sozial engagieren. Dadurch soll vielen Menschen ein besseres und gutes Leben ermöglichen werden», betont Christian Geltinger. Er schiebt nach: «Die Katholische Kirche Region Bern will dabei ein wichtiger Akteur sein».
Dok 8, Pluto und Drahtesel
Neben Learn4Life unterstützt die Katholische Kirche Bern auch die Jugend-Notschlafstelle «Pluto». Sie ist eine der Stationen auf der Tour. «Hier können Jugendliche hingehen, die ansonsten in der Nacht auf der Strasse verbringen müssen», erklärt Christian Geltinger. Ebenso unterstütz wird das «Dock 8». Im Holliger Hof erfahren die Gäste heute von der spannenden Quartierarbeit. «Das ist ein Ort, der zeigt, dass man Kirche auch noch mal ganz anders denken kann», sagt Christian Geltinger.
Weiter besuchen die Teilnehmer:innen dieser Tour auch den «Drahtesel». Dieser Ort ist Lernwerkstatt, Restaurant und Secondhandshop in einem. Hier haben Menschen, die nicht sofort in den ersten Arbeitsmarkt kommen, die Möglichkeit, sich darauf vorzubereiten. Die Katholische Kirche Bern fördert hier die Schwerpunkte Facility Management und Gartenbau.
Ein Planet für sich
Die Fahrt geht weiter mit dem Car. Die nächste Station führt nach Wabern und heisst «Heitere Fahne». Die Gäste erwartet eine stimmungsvolle Kulturstätte mit vielen holzgetäfelten Räumen und einem grossen Saal. Hier fanden einst die Essen und Bälle der Gurtenbrauerei statt.
Rahel Bucher, Mitinitiantin und Vereinsgründerin des neuen inklusiven Kulturprojekts «Heitere Fahne - die Idealistenkiste», informiert die Gäste darüber, wie die alte historische Brauerei wieder zum Leben erweckt wurde. Rahel Bucher ist an einem vielfältigen Kulturprogramm beteiligt. Dazu gehören Theateraufführungen, eigene Kunstformate, Festivals und private Veranstaltungen. «Das Besondere an diesem Ort ist, dass wir keine vorgefertigten Gefässe haben», betont Rahel Bucher.
Sie und das Team hier wünschen sich, «dass diese Tür immer offen ist für alle, die kommen». Das «alle» wird hier grossgeschrieben. Unter den 35 Mitarbeitern sind auch Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung. Nach der Führung treffen sich alle im inklusiven, soziokulturellen Restaurant. Die Quiche zergeht auf der Zunge.
«Heitere Särge»
Weiter geht es durch das stimmungsvolle Haus. Andrea Suter, die seit über zehn Jahren in der «Heiteren Fahne» arbeitet, empfängt die Gäste in einem langgestreckten Raum, in dem früher gekegelt wurde. Auf dem Boden stehen mehrere offene Holzsärge. Darin liegen Blumen, kunstvolle Kerzen oder gemalte Bilder. «In unserem neuen Projekt geht es darum, sich konstruktiv und positiv mit dem Tod auseinanderzusetzen», erklärt Andrea Suter. Hannes und Jack helfen ihr bei der Umsetzung. Ab August gehen die «Heiteren Särge» in Produktion. Das Thema Tod wird in der «Heiteren Fahne» auf verschiedenen Ebenen weiterentwickelt.
Die Teilnehmer:innen steigen wieder in den Bus, der sie zur Dreifaltigkeitskirche bringt. Sie haben an diesem Tag ein buntes und vielfältiges Bild der katholischen Kirche in Bern gesehen.