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Memento Mori – aber bitte mit...

Gedanken aus der Inselspitalseelsorge

«Es sollten so richtig emotionale Videoclips gedreht werden, damit die Leute kapieren, dass das Leben von einem Moment auf den anderen vorbei sein kann» – so der Vorschlag eines Patienten nach seinem schweren Töffunfall. Er habe Glück im Unglück gehabt, meint er, werde aber nie mehr derselbe Mensch wie vorher sein.

Im Magazin der «Süddeutschen Zeitung » schrieb Tobias Haberl kürzlich einen Beitrag mit dem Titel «Wir sollten leben mit dem Tod vor Augen». Er macht den nicht ganz ernstgemeinten Vorschlag, dass sich alle in Form einer obligatorischen Sterbebegleitung mit dem Tod beschäftigen sollten. Alles, was mit dem Tod zu tun hat, sei aus unserem modernen Leben verdrängt worden. In einer Welt der Selbstbestimmung und Selbstdarstellung sei der Gedanke ans Sterben beängstigend und unerwünscht. Gerade die Coronapandemie führe uns die Brüchigkeit unserer Existenz vor Augen. Das sei eine Chance, das Leben wieder als das anzuerkennen, was es ist: ein vorübergehender Zustand. Was gewinnen wir, wenn wir dem Tod ins Auge sehen? Das, was wirklich zählt, träte in den Fokus und ermögliche damit einen Zuwachs an Menschlichkeit in der Gesellschaft.

Die Aufforderung, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen, ist kein neuer Gedanke. Da gibt es viele Mahner*innen und Anregungen. So zeigt das Berner Generationenhaus als Dauerbrenner die bewegende Ausstellung «forever young». Schon zu Beginn spuckt eine statistische Hochrechnung die verbleibende Lebenszeit sekundengenau aus.

Die Frage bleibt, wie es uns gelingt, der eigenen Vergänglichkeit nachhaltig ins Auge zu schauen. Ich denke, dass weder der Anblick eines Toten noch der schmerzliche Verlust einer geliebten Person oder die Begleitung Sterbender das erreichen können. Es braucht eine Selbstbetroffenheit, wie das ein schlimmer Unfall oder eine Krebsdiagnose verursachen.

Wie wäre es mit einem Selbstversuch? Im antiken Rom soll der siegreiche Feldherr im Triumphzug ständig von einem Sklaven mit den Worten «Memento mori» – Bedenke, dass du sterben wirst – gemahnt worden sein. Werfen wir doch für ein paar Wochen jeden Morgen beim Zähneputzen unserem Spiegelbild ein «Memento mori» entgegen und schauen, ob das einen Unterschied in unserem Erleben, Denken und Handeln macht.

Monika Mandt, kath. Seelsorgerin

Kolumnen aus der Inselspitalseelsorge

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