«Wollst endlich sonder Grämen/aus dieser Welt uns nehmen/durch einen sanften Tod/und wenn du uns genommen/lass uns in’ Himmel kommen/du unser Herr und unser Gott.»
Das ist die sechste Strophe des bekannten Abendliedes «Der Mond ist aufgegangen» von Matthias Claudius. Unsere Kinder lieben das Lied, das vor dem Einschlafen einfach dazu gehört. Und die dreijährige Tochter singt die sieben Strophen inbrünstig mit.
Manchmal erlauben meine Frau und ich es uns (es ist schon spät, die Kinder sollten längst schlafen), die eine oder andere Strophe auszulassen, gleich kindertauglich scheinen sie uns im Übrigen auch nicht alle zu sein. Doch die Tochter interveniert jeweils prompt, und einmal, wir waren beim kranken Nachbarn angekommen: «He, wir haben noch nicht von der Sonnencreme gesungen!»
Wir haben zuerst nicht verstanden. Bis wir das nächste Mal gut zuhörten, wie die Kleine den Beginn der sechsten Strophe singt. Hören Sie es?
Kürzlich habe ich im Spital einer alten sterbenden Frau das Lied leise gesungen und ihr diese Geschichte erzählt. Sie konnte nicht mehr sprechen. Aber lächeln. Ich hoffe, sie ist schliesslich auch «sonder Grämen» gestorben.
Pfr. Kaspar Junker, ref. Seelsorger
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