Das Gleichgewicht suchen

José Balmer erzählt von seinem Glauben

Das richtige Mass macht ein Mittel zum Heilmittel, das falsche Mass macht es zum Gift. Ich denke, dies gilt für alle Lebensbereiche. Gierige Manager und Investoren bringen das globale Finanzsystem und das soziale Gefüge ins Wanken. Religiöse Fanatiker verbreiten Terror. Masslose Menschen geraten in Sucht und Abhängigkeit. Extreme wirken zerstörerisch. Das Leben gedeiht zwischen den Polen: zwischen viel und wenig, zwischen Freiheit und Verpflichtung, Vertrauen und Kontrolle, Realität und Ideal, Vernunft und Glaube, Geben und Nehmen. Das Gleichgewicht ist allerdings kein starrer Zustand, sondern ein dynamisches Balancieren. Wie ein Velofahrer sich in den Kurven nach rechts und nach links lehnen muss, verlangt das Leben von uns angepasstes Verhalten. Im Verkehr muss man beschleunigen und bremsen. Kinder muss man loben und tadeln. Das ist kein Opportunismus, der überall nur den eigenen Vorteil sucht. Ausgleichendes Verhalten verlangt Aufmerksamkeit, Rücksicht, Solidarität, Verzicht der Privilegierten zugunsten der Benachteiligten. Weil wir aber sogar das Einsichtige und Notwendige nicht immer freiwillig tun, braucht es Regulierungen und Gesetze. Eine Wirtschaftsordnung, die den einen Millionen in die Tasche steckt und andere verhungern lässt, muss strukturell korrigiert werden. In einer Diktatur muss man sich für Freiheit einsetzen, in einer neoliberalen Gesellschaft für soziale Reformen. Man darf nicht alles gleichmachen, aber man muss in allem das Gleichgewicht suchen.

Diese Website nutzt Cookies. Durch die weitere Nutzung der Site stimmen Sie deren Verwendung zu und akzeptieren unsere Datenschutzrichtlinien.