Der Kanton Bern zahlt den Landeskirchen ab 2026 jährlich 29 Millionen für gesamtgesellschaftliche Leistungen. Regula Furrer, Generalsekretärin der Landeskirche Bern, freut sich über die Wertschätzung aus der Politik.
Interview: Sylvia Stam
«pfarrblatt»: Der Grosse Rat hat den Kantonsgeldern für die Kirchen für ihre gesamtgesellschaftlichen Leistungen ohne ernsthafte Kritik zugestimmt. Wie geht es Ihnen nach der Debatte?
Regula Furrer: Gut! Das Resultat war aufgrund der vielen geführten Vorgespräche zu erwarten. Wir wussten, dass die Planungserklärung (einer der Anträge, d. Red) zur politischen Arbeit der Kirchen ein kritischer Punkt sein würde. Schön, dass bei dieser Frage am Schluss alle drei Landeskirchen das gleiche knappe Resultat hatten* (lacht). Sonst ist es ganz in unserem Sinn gelaufen.
Wie haben Sie die Diskussion an sich erlebt?
Regula Furrer: Es war die dritte Debatte über Themen rund um die Landeskirchen innerhalb kurzer Zeit. Dabei ist immer sehr viel Wertschätzung für die Kirchen zu spüren. Vor allem für die Freiwilligenarbeit, aber auch für die Leistungen allgemein. Untypisch ist, dass die Grünen uns immer am meisten verteidigen und am meisten unterstützen. Das ist in anderen Kantonen nicht so.
Von der GLP kam dafür Kritik.
Regula Furrer: Ja, aber auch die GLP war letztlich für die vorgeschlagenen Beitragszahlungen. Wir haben schon andere Debatten erlebt, in denen sie wirklich zu Ungunsten der Kirchen gestimmt haben. Gefreut hat mich auch, dass die EDU und die EVP so klar für die Landeskirchen gesprochen haben. Das ist nicht selbstverständlich, weil sie selber im freikirchlichen Bereich unterwegs sind. Von ihnen hätte man es verstanden, wenn sie ein Religions- statt ein Landeskirchengesetz bevorzugt hätten. In einem solchen wären sie einbezogen gewesen.
Die Staatspolitische Kommission SAK brachte zwei Anträge ein, die angenommen wurden. Im ersten ging es um Vereinfachungen im Reporting beim Erfassen der Freiwilligenarbeit. Was ist daran so aufwändig?
Regula Furrer: Jede Pfarrei und jede Kirchgemeinde muss diese Stunden erfassen. Das ist ein riesiger Aufwand. Wir haben mit dem Kanton bereits diskutiert, wie die Erfassung vereinfacht werden könnte. Aber ich vermute, der Grosse Rat möchte noch weiter gehen.
Wie lässt sich das vereinfachen?
Regula Furrer: Indem man beispielsweise nicht alle sechs Jahre erfasst, sondern hochrechnet. Der Nachweis, wie die Finanzen eingesetzt werden und welche Aufwendungen es für die gesamtgesellschaftlichen Leistungen gibt, müsste aus unserer Sicht ebenfalls vereinfacht werden. Schon diese zwei Jahre, über die wir den Bericht erstellt haben, waren umfangreich und kompliziert zum Berechnen.
Können die Kirchen selber bestimmen, wie sie das vereinfachen?
Regula Furrer: Nein, das besprechen wir mit dem Kanton zusammen. Seit 2020, als das neue Landeskirchengesetz in Kraft trat, ist klar, dass nach der ersten Periode eine Auswertung erfolgt.
Der zweite Antrag der SAK verlangt von den Kirchen Berichte über Massnahmen gegen Missbrauch. Wurde darüber bisher nicht berichtet?
Regula Furrer: Nicht in dieser Form. In den Berichten über die gesamtgesellschaftlichen Leistungen war das nicht Thema. Wir haben die Berichte im Jahr 2022 verfasst, damals gab es keine Diskussionen zum Thema Missbrauch auf Ebene Landeskirche. Das hat sich geändert mit der Publikation der Studie im letzten September.
Was macht die römisch-katholische Landeskirche zur Prävention von Missbrauch?
Regula Furrer: Wir sorgen dafür, dass beim Personal hingeschaut wird. Das schreibt auch das Bistum vor. Wir verlangen Sonderprivatauszüge. Im Kanton Bern müssen wir jede Anstellung im Auftrag des Kantons noch prüfen. Eine Kommission überpüft, ob alle Bewerber:innen die Schulungen in «Nähe und Distanz» gemacht haben. Zudem fordern wir die Kirchgemeinden auf, solche Kurse durchzuführen, auch für Personal, das nicht pastoral tätig ist.
Wie läuft der Informationstransfer vom Bistum zur Landeskirche, wenn jemand mit Missio angestellt wird?
Regula Furrer: Das Bistum schlägt den Kirchgemeinden Personen vor, diese wählen und wir stellen die Person ein. Dossiers und Informationen werden ausgetauscht. Wenn jemand einen Eintrag im Sonderprivatauszug hat, wird er bei uns nicht eingestellt.
Im Bericht werden die vielen Stunden Freiwilligenarbeit hervorgehoben. Wie sieht Missbrauchsprävention bei den Freiwilligen aus?
Regula Furrer: Diese Aufgabe müssen die Kirchgemeinden und Pfarreien / Pastoralräume sicherstellen. Hierzu gibt es sehr gute Konzepte, z.B. vom Pastoralraum Bern. Oftmals geschieht eine solche Schulung auch in Zusammenarbeit mit den Fachleuten des Bistums.
* Die Planungserklärung der SVP verlangte von den Kirchen «sich politisch neutral zu verhalten und insbesondere keine Abstimmungs- oder Wahlempfehlungen öffentlich kundzutun». Da die drei Landeskirchen je unterschiedliche Berichte verfasst haben, musste für jede Kirche einzeln über diesen Antrag abgestimmt werden. Aufgrund eines Fehlers ergab sich zuerst bei der römisch-katholischen Kirche ein gegenteiliges Resultat, das in einer zweiten Abstimmung korrigiert wurde.
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