Mode darf nicht zur Wegwerfware verkommen: Rahel Barendregt (links) und Ursina Haslebacher setzen sich für den nachhaltigen Umgang mit Mode ein. Foto: Pia Neuenschwander

«Reparieren statt wegwerfen»

«Fashion Revolution»: Kleidung soll keine Wegwerfware sein

Rahel Barendregt führt die BAzAAR Nähstube und Ursina Haslebacher die Bewegung «Fashion Revolution» in Bern. Beide verfolgen dasselbe Ziel: zum nachhaltigen Umgang mit Mode animieren und über die meist unannehmbaren Herstellungsbedingungen sensibilisieren. Der «Fashion Revolution»-Aktionsmonat April bietet hierfür zum zehnten Mal eine wichtige Plattform.

von Luca D’Alessandro / Fotos: Pia Neuenschwander

Jeweils mittwochs und freitags öffnet die Schneiderin Rahel Barendregt die Tür zu ihrer Nähstube. Diese umfasst zahlreiche Schneiderbüsten, grosse Tische fürs Bearbeiten von Stoffen und Kleidungsstücken sowie sechs Arbeitsplätze mit Nähmaschinen, die sich stundenweise mieten lassen. «Wenn jemand mit der Reparatur eines Kleids oder bei der Realisierung eines eigenen Entwurfs nicht weiterkommt, biete ich in der Nähstube Unterstützung an», sagt Rahel Barendregt.

Mit ihrem Geschäftsmodell will sie die Lust am Selbermachen fördern und zeigen, dass gute Mode nahezu ewig währt – sofern zu ihr Sorge getragen wird. «Alte und gut erhaltene Kleider sind in unseren Breitengraden reichlich vorhanden und können problemlos weiterverwertet werden.» Reparieren sei gar nicht so kompliziert. Und aus alten Stücken liessen sich häufig problemlos neue nähen. «An Rohstoffen mangelt es nicht.»

Rahel Barendregt will nicht Moral predigen. Vielmehr will sie zur Reflexion anregen: Brauche ich tatsächlich etwas Neues für den Kleiderschrank? Lässt sich der blaue Pulli nicht sinnvoll weiterverwenden? «Viele unserer Kleider werden industriell unter fragwürdigen Bedingungen hergestellt. Umweltschutz und faire Arbeitsbedingungen sind in der Modeindustrie selten garantiert. Über den Hebel der Nachfrage müssen wir hier gemeinsam ein Zeichen setzen, damit die Modebranche den dringenden Handlungsbedarf erkennt und einen entscheidenden Systemwandel herbeiführt.»

Zwei Fashion-Workshops …

Rahel Barendregts Ansatz deckt sich ideell mit der Bewegung «Fashion Revolution». Diese wurde 2013 als Reaktion auf den tragischen Fabrikeinsturz von Rana Plaza in Bangladesch gegründet. Damals starben über 1100 Arbeiter:innen, 2500 Personen wurden verletzt. «Fashion Revolution» Bern will explizit im April, zum Jahrestag dieses tragischen Ereignisses, mit Aktionen auf Social Media, im Rahmen von thematischen Workshops und dieses Jahr speziell in Kooperation mit dem Museum für Kommunikation das Thema sichtbar machen. Ursina Haslebacher leitet die Lokalgruppe.

Anlässlich der Ausstellung «Planetopia» bieten sie und ihr Team im April zusammen mit der Lokalgruppe von «Public Eye» zwei FashionWorkshops an. Vorgesehen sind Bastelprojekte für Kinder, ein Waschmaschinenspiel sowie ein Upcycling-Projekt, wo gezeigt wird, wie T-Shirts ohne Nähaufwand zu Taschen verarbeitet werden können. «Primär geht es uns aber darum, mit den Ausstellungsbesuchenden ins Gespräch zu kommen und zeigen, dass gebrauchte Textilien mehr sind als nur Wegwerfware.»

… und eine Mahnwache

In den vergangenen Jahren konnte «Fashion Revolution» immer wieder sichtbare Zeichen setzen und die Botschaften zielgruppengerecht platzieren. «Es wurde diesbezüglich so einiges bewegt», sagt Ursina Haslebacher, und: «Die Zusammenarbeit mit lokalen Geschäften und Labels bleibt wichtig, denn sie können direkt mit den Konsumentinnen und Konsumenten kommunizieren.» Ausserdem ist anlässlich des Eröffnungsfests der zweiten Berner Nachhaltigkeitstage im September eine Sensibilisierungsaktion zum Thema Mode geplant – dies in Zusammenarbeit mit verschiedenen lokalen Akteur:innen.

«Genau das ist ‹Fashion Revolution› im Kern: Alle an einen Tisch bringen, um dem gemeinsamen Ziel, mehr soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz, Schritt für Schritt näherzukommen.» Und schliesslich will die Bewegung sicherstellen, dass der Fabrikeinsturz nicht vergessen geht. Deshalb führen «Fashion Revolution» und «Public Eye», am 24. April, dem Jahrestag des Unglücks, mittags eine Mahnwache auf dem Waisenhausplatz in Bern durch.

Wegwerfware

Mode hat gemeinhin den Status von Wegwerfware erlangt, was sich nachteilig auf Arbeits- und Produktionsbedingungen auswirkt. Die Bewegung «Fashion Revolution» will Konsument:innen, Modelabels und die Politik entsprechend sensibilisieren:

  • Reparieren statt wegwerfen
  • Beim Kauf auf Qualität achten
  • Arbeits- und Produktionsbedingungen verbessern

Weitere Infos: www.fashionrevolution.ch und www.bazaarnaehstube.ch

Events in Bern
Samstag, 15. April und 22. April, 13.00 bis 17.00: «Fashion Revolution» Bern und «Public Eye» im Museum für Kommunikation, Bern
Montag, 24. April, 12.30: Mahnwache zum Gedenken an über 1100 Näher:innen, die 2013 beim Einsturz des Fabrikgebäudes Rana Plaza in Bangladesh ums Leben kamen. Mit «Fashion Revolution» Bern und «Public Eye», Waisenhausplatz, Bern

Weitere Workshops und Aktionen: www.fashionrevolution.ch/events

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