Die katholische Kirche in der Schweiz hat im Rahmen des synodalen Prozesses eine Reihe von Vorschlägen formuliert. So begrüsst sie unter anderem eine Öffnung des Diakonats für Frauen und regional unterschiedliche Zulassungskriterien zum geweihten Amt.
Barbara Ludwig, kath.ch
Im vergangenen Oktober beriet die Weltsynode in Rom über die Zukunft der katholischen Kirche. Zwei Monate später wurden die rund 3000 Diözesanbischöfe weltweit aufgefordert, auf der Grundlage des «Synthese-Berichts» der Versammlung eine weitere Phase der Konsultation zu organisieren. Sie sollten Vorschläge machen, wie die Kirche ihren missionarischen Auftrag besser und in synodaler Weise erfüllen kann.
Rückmeldungen aus Diözesen und Laienorganisationen
Der Prozess sollte von den jeweiligen Bischofskonferenzen begleitet und gebündelt werden. Das ist auch in der Schweiz geschehen. Die Schweizer Bischofskonferenz hat am Mittwoch einen «Synthesebericht aus der Schweiz» veröffentlicht, den sie bereits dem Generalsekretariat der Synode in Rom übermittelt hat. «Der Text fasst die Rückmeldungen aus den Schweizer Diözesen sowie verschiedener Laienorganisationen auf den Bericht der Weltsynode 2023 zusammen», teilte die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) in einer begleitenden E-Mail-Nachricht mit.
Konsens: «Wir möchten synodaler werden»
Das neun-seitige Dokument trägt den Titel «Schweizer Echo auf die erste weltkirchliche Synodenversammlung 2023». Auf allen Ebenen der katholischen Kirche in der Schweiz gebe es den Wunsch nach mehr Synodalität, heisst es darin einleitend. «Quer durch die Sprachregionen mit ihren Kulturen und Spiritualitäten und trotz der unterschiedlichen staatskirchenrechtlichen Rahmenbedingungen in den Kantonen gibt es einen Konsens der Verantwortlichen: Wir möchten synodaler werden.»
Das Dokument gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil werden 14 Vorschläge formuliert, die auf die Frage antworten: «Wie kann die differenzierte Mitverantwortung aller Glieder des Volkes Gottes für die Sendung gestärkt werden?» Angesprochen werden hier auch die Dienste und Ämter und das heisse Eisen der Zulassungsbedingungen.
Bedeutung der Taufwürde
Die Frage der Zulassungsbedingungen «zu allen Ämtern, insbesondere die Zulassung von Frauen zu allen Ämtern» sei ein wichtiges Thema, heisst es. Dass Frauen vom Priesteramt ausgeschlossen sind, werde «vielerorts nicht mehr verstanden». Abgelehnt wird die Einführung von «Spezialdiensten» für Frauen: Das würde von vielen «als Ausdruck der fehlenden Anerkennung der Gleichwürdigkeit der Taufe» gesehen.
Gerade die Taufwürde sei in der ortskirchlichen und kontinentalen Etappe des synodalen Prozesses sehr stark gewichtet worden. «Eine Gestaltung des ordinierten Amtes und Zulassungskriterien, die der Gleichwürdigkeit der Taufe widersprechen, werden als Sündenfall einer synodalen Kirche empfunden.» Dies würde der Sendung der Kirche im Kontext einer Gesellschaft wie der Schweiz, die die Gleichstellung der Geschlechter als kulturellen und rechtlichen Standard achtet, direkt zuwider laufen.
Ja zu einem gleichwertigen Frauendiakonat
Die Schweizer Kirche begrüsst zudem die Öffnung des Diakonats für Frauen. Unter einer Bedingung: «Wenn sie Ausdruck einer Entwicklung der gleichen Anerkennung der Taufwürde von Männern und Frauen in der Kirche ist.» Damit verbunden ist eine Absage an eine Sonderform des Diakonats für Frauen. Eine solche würde in der Schweiz als Zurücksetzung der Frauen gewertet, heisst es im Dokument. Wenn die Kirche an Glaubwürdigkeit gewinnen wolle, müsse sich die volle Gleichwertigkeit der Taufwürde auch in ihrem ordinierten Amt spiegeln.
Das Dokument plädiert dafür, die bestehende synodale Erfahrung weiterzuentwickeln. Beide Säulen des sogenannten dualen Systems sehen sich zu Veränderungen für mehr Synodalität aufgerufen, sowohl die kanonisch-kirchenrechtliche als auch die staatskirchenrechtliche Seite.
Die Schweizer Kirche bekennt sich in dem Dokument zu einer «radikalen Inklusion». Synodale Beschlüsse, die ausgegrenzte Menschen, insbesondere Frauen, queere Menschen und Arme marginalisierten, stünden der Sendung der Kirche entgegen.
Synodalität auf allen Ebenen
Im zweiten Teil geht es um die Frage, wie Beziehungen kreativ gestaltet werden können, um ein «dynamisches Gleichgewicht zwischen der Dimension der Kirche als Ganzes und ihren lokalen Wurzeln» zu finden? Eine wichtige Rolle spielt hier aus Sicht der Schweizer Kirche die Subsidiarität. Die katholische Kirche sei nur synodal, wenn sie auf allen Ebenen – also regional, weltkirchlich und universalkirchlich – synodal sei.
Partizipative Liturgie
Die Schweizer Katholikinnen und Katholiken betonen auch die Bedeutung der Liturgie für eine synodale Kirche. Die Liturgie müsse ebenfalls die Qualitäten einer synodalen Kirche und ihrer Sendung «spiegeln, sie inspirieren und nähren». Es sei notwendig, dass auf ortskirchlicher und regionaler Ebene «kulturell passende Liturgien» entwickelt würden.
Weil sich Sprache lebendig entwickle, sei es wichtig, dass die Menschen zu Mitgestalterinnen und Mitgestaltern liturgischer Sprache und Ausdrucksweisen würden. «Nur dann ist eine partizipative und auf Inklusion angelegte Liturgie möglich.»
Regionale Regelungen bei Zulassung zu Weiheamt
In den Passagen zur Liturgie taucht das Thema der Zulassung zu den Ämtern dann noch einmal auf. «Nirgendwo kommt (…) die synodale Qualität der Kirche mehr zum Vorschein als in der Liturgie», hält das Dokument fest. Wo die Liturgie als Symbol der Zurückweisung von Frauen erlebt werde, könne sie ihre Funktion im Leben der Kirche nicht erfüllen. Die Schweizer Kirche plädiert für regional unterschiedliche Zulassungskriterien zu allen Ämtern, weil die Sensibilitäten für die Gleichstellung der Geschlechter kulturell unterschiedlich seien. Dass nur Männer geweiht werden können, hält sie für zweitrangig gegenüber einer synodalen Kirche und ihrer Sendung.
Das «Schweizer Echo» wird ebenso wie die Rückmeldungen aus allen Bistümern weltweit in das «Instrumentum laboris», das Arbeitsdokument, für die zweite Sitzung der Weltsynode im kommenden Oktober einfliessen.
Langer Atem nötig
Der synodale Prozess erstreckt sich über mehrere Jahre und findet auf zwei Ebenen statt: in der Weltkirche und in den einzelnen Bistümern. Er startete im Herbst 2021 weltweit mit einem Fragebogen aus dem Vatikan. Das Bistum Basel setzte diesen mit der Umfrage «Wir sind Ohr» um. Darüber wurde in vielen Pfarreien in Fünfergruppen diskutiert. Die Resultate der Umfrage weltweit flossen in die Bischofssynode vom letzten Herbst in Rom ein. Diese wird im Oktober 2024 fortgesetzt. Der im Haupttext beschriebene Bericht fliesst in das Arbeitspapier für diese Bischofssynode ein.
Auch auf Bistumsebene geht der synodale Prozess weiter. Im März 2025 diskutieren Kirchenvertreter:innen an ihrer dritten Versammlung darüber, welche Veränderungen im Bistum umsetzbar sind. sys