Bei Krankheit und Tod ist es hilfreich, wenn Seelsorgende "meine Sprache" sprechen. Foto: fernando zhiminaicela/pixabay.com

Wenn Seelsorgende «meine Sprache» sprechen

In Bern gibt es neu multireligiöse und konfessionsfreie Begleitung in Spitälern und Heimen

Bei Krankheit und Schicksalsschlägen brauchen Menschen oft eine Begleitung, die «ihre Sprache» spricht. Dafür bietet der Berner Verein Multireligiöse Begleitung Unterstützung. Er bildet Menschen aus, welche die professionelle Seelsorge ehrenamtlich ergänzen.

Von Sylvia Stam

«Ein Patient lag an der Dialyse und brachte kein Wort heraus. Der Spitalseelsorger fragte, ob er jemanden suchen soll, der seine Muttersprache spreche», erzählt Philipp Koenig, Präsident des Vereins Multireligiöse Begleitung, eine Geschichte, die sein Kollege erlebt hat. «Als ihm eine Begleitperson unseres Vereins vermittelt wurde, sprudelte es nur so aus dem Patienten heraus», sagt Koenig, der reformierter Pfarrer in Biel ist.  

«Der Bedarf nach Seelsorge in Spitälern und Heimen ist riesig», so Koenig gegenüber dem «pfarrblatt». Denn hier gehe es oftmals um Leben und Tod, um Krankheit oder schwere Schicksalsschläge. Etwa bei jener Mutter, deren dreijähriges Kind aus Sicht der Ärzt:innen nicht mehr länger künstlich am Leben erhalten werden konnte. «Die Mutter war nicht einverstanden, dass die lebenserhaltenden Maschinen abgestellt werden. Sie verlangte nach einem Hindupriester, der ihr auf dem Hintergrund ihrer Religion und Kultur vermitteln konnte, weshalb das nötig sei – und der auch mit den Ärzt:innen reden könnte.»

Auch Begleiter:innen ohne Konfession

In solchen Fällen komme die professionelle Seelsorge manchmal an ihre Grenzen, dies insbesondere im multikulturellen Bern. Um hier Unterstützung zu leisten, wurde 2021 der Verein Multireligiöse Begleitung gegründet, auf Initiative der Interkonfessionellen Konferenz. Hierzu gehören die drei Landeskirchen und die jüdischen Gemeinden Bern. Der Verein bildet Interessierte darin aus, punktuell ehrenamtliche Unterstützung zu leisten, wenn es um Fragen der Sprache, Kultur oder Religion geht.

Mitte März haben die ersten vierzehn Absolvent:innen ihre Ausbildung abgeschlossen. Sie vertreten fünf verschiedene Weltanschauungen, wie Koenig auf Anfrage ausführt: alevitisch, muslimisch, jüdisch, hinduistisch und konfessionsfrei. «Über 20 Prozent der Berner:innen gehören inzwischen keiner Konfession an», sagt Koenig. Er ist überzeugt, dass auch sie das Bedürfnis nach Begleitung haben, wenn sie beispielsweise die Diagnose Hirntumor bekommen. «Es gibt Menschen, die von der Kirche so enttäuscht sind, dass sie dann jedoch mit keiner Pfarrperson sprechen möchten.»

Wissenschaftlich begleitet durch die Uni Bern

Die Absolvent:innen können von der professionellen Seelsorge oder vom Pflegepersonal beigezogen werden. Aufgabe des Vereins ist nun, dies bekannt zu machen. «Der Flyer ist in Arbeit, ist aber noch nicht in den Spitälern», sagt Koenig lachend. Fest stehe jedoch, dass der Kanton Bern beabsichtigt, die Entwicklung des Vereins strategisch zu begleiten und finanziell zu unterstützen. Zudem sei eine wissenschaftliche Begleitung des Lehrgangs durch die Theologische Fakultät der Universität Bern geplant.

 

Neue Begleiter:innen gesucht
Der Verein für multireligiöse und konfessionsfreie Begleitung wird von Angehörigen verschiedener Religionsgemeinschaften gemeinsam verantwortet. Er engagiert geeignete Begleiter:innen, organisiert ihre Einsätze, sorgt für angemessene Entschädigungen und sichert die Qualität ihrer Arbeit. Der Verein bietet einen 13-tägigen Lehrgang an, der im Laufe eines Jahres absolviert wird. Voraussetzung sind u.a. gute Kenntnisse der eigenen Weltanschauung/Religion, psychische Belastbarkeit, Erfahrung in der Begleitung von Menschen, zeitliche Verfügbarkeit sowie Deutschkenntnisse auf Niveau B1. Anmeldefrist für den Lehrgang 2023/24 ist der 31. März. Weitere Infos: vmrb.ch

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