
Viele alte Häuser im Berner Oberland tragen Inschriften. Ein besonders reichverziertes Haus entdeckte ich in Därstetten auf einer Wanderung im Simmental. Wie eine aufgeschlagene Buschseite präsentiert sich die Fassade des Bauernhauses aus dem 18. Jahrhunderts. Zwischen den Fenstern im ersten Stock und unter dem Dachgiebel sind verschiedene Texte aufgemalt. Gleichsam als Überschrift zieht sich über die ganze Länge der Fassade folgender Spruch:
Ein Christ und Pilger hier, / Bloss nur Herberg bestellt. / Weil dort sein Vaterland, / So eylt er aus der Welt.
Der Spruch nimmt Bezug auf einen biblischen Vers im Hebräerbrief: «Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.» (Hebr 13,13)
Auch wenn das Haus scheinbar für die Ewigkeit gebaut wurde, so erinnert uns die Erbauerin oder der Erbauer an die Vergänglichkeit unseres irdischen Daseins. Wir sind hier auf Erden nur Gäste, Pilgerinnen und Pilger auf der Durchreise. Doch wohin führt uns am Ende unsere Lebensreise? In der Bibel finden wir die Vorstellung von der himmlischen Heimat, die uns bereitet ist, wenn wir die irdische verlassen. Ich finde diese Vorstellung tröstlich.
Die Texte auf der Hausfassade haben mich nachdenklich gestimmt und mich auf meiner weiteren Wanderung begleitet. Ich habe sie als Einladung verstanden, mich noch bewusster der Schönheit der Berglandschaft zu öffnen und dankbar die geschenkte Zeit zu geniessen.