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Auf welcher Seite steht Gott?

Kolumne «Adieu» von Christian Walti

Eine Frau fragte mich letzthin, wo denn Gott sei in den blutigen Kriegen unserer Zeit. Eine ernste Frage?

Auf Gürtelschnallen deutscher Soldaten im 1. Weltkrieg war «Gott mit uns» eingraviert. Ähnliches gibt es auch heute. Das schockiert mich, auch wenn ich selber bei keinem Krieg neutral zusehen kann. Ich bin mal klarer da, mal eher dort – aber Gott?

Vom menschgewordenen Gott erzählt die Weihnachtsgeschichte, von Gottes Bild im Menschen die Torah, von dem einen Menschenleben, dessen Wert gleich hoch ist wie der Wert der ganzen Menschheit der Koran. Das sind keine unbezweifelbaren Wahrheiten. Aber es sind Hinweise darauf, wo Gott zu finden wäre, wenn wir ihn im Krieg suchen.

Im Krieg sprechen wir einander das Menschsein ab: Gegner sind «Tiere» oder «Monster», die mit gutem Gewissen getötet werden können. Ich möchte deshalb nicht nach Gott fragen, ohne zu fragen, wo die Menschen sind im Krieg. Wo sind diejenigen, die anerkennen, dass alle Beteiligten bei aller Grausamkeit immer noch Menschen sind? Wo diejenigen, die dafür einstehen, dass nicht alle Mittel recht sind, auch wenn es um Gegner oder Feinde geht?

Und Gott? Gott kann angesichts der blutigen Kriege vermutlich nur eines: mit uns Menschen mitfühlen und weinen.

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