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Aufbruch ins eigenständige Leben, Lebensmitte und Abschiednehmen

Kolumne «Adieu» von Judith Furrer

Während ich die Einladung zur Maturafeier meines Sohnes in den Händen halte, telefoniert er mit einem Wohnungsanbieter in Zürich. In ein paar Wochen wird er ausziehen. Ich kann nicht glauben, wie schnell die Zeit vergangen ist und frage mich, wo ich selber gerade stehe?
Ein tiefes Gefühl von Stolz erfüllt mich. Stolz auf diesen jungen Mann, der da neben mir steht und seinen eigenen Weg machen wird. Ein bisschen Leere mischt sich in dieses warme Gefühl, und ich bemühe mich, dem nicht zu viel Beachtung zu schenken. Vieles ist geschafft und erreicht in der Mitte meines Lebens. Und ich freue mich auf einen neuen Lebensabschnitt, auf das, was da noch kommt.

Was die Zukunft wohl noch bringt? Vielleicht braucht die Leere in mir doch auch ihren Raum. Zumindest bis herausgefunden ist, womit ich sie künftig füllen möchte.

Während ich grüble, klingelt mein Handy. Die Klinik, in der mein Vater seit einiger Zeit stationiert ist, teilt mir mit, dass ein anderer Ort für ihn gefunden werden muss. Wo wird er wohl seine letzte Lebensphase verbringen können? Er hadert mit sich und der Welt. Loslassen fällt ihm schwer. Wie er wohl zurückblickt auf das, was war? Und nochmals stelle ich mir die Frage, was ich noch brauche und möchte, um irgendwann einmal gut gehen zu können. Schon wieder klingelt mein Telefon. Der Alltag ruft. Die Frage aber bleibt.

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