Väter im Gespräch

Im Pa-paRat reden Männer mit Migrationshintergrund über Erziehung und Gesundheit

Im Pa-paRat reden Männer mit andern Männern über Erziehung und Gesundheit. Das fällt vielen Vätern schwer, erst recht bei einem Migrationshintergrund. Ein Programm der «Berner Gesundheit» setzt hier an.

Was geschieht mit meinen Jugendlichen, wenn sie in die Pubertät kommen? Wie gehe mit ihren Widerständen um? Was tue ich, wenn mein Sohn kifft oder immer mehr Alkohol trinkt? Wie kann ich mich verhalten, wenn sich die Tochter tagelang einschliesst? Soll ich als Mann einen Elternabend der Schule besuchen? Wo kann ich Vorbild sein für meine Kids? Darf ich bei Schulaufgaben helfen? Wie kommt es, dass Mütter einfacher mit Erziehung umgehen? Wo finde ich Hilfe, wenn ich nicht mehr weiterweiss? – Viele, viele Fragen beschäftigen Eltern mit Kindern jeden Tag. Oft weiss mann aber nicht, wohin damit.

Unter seinesgleichen fällt es leichter, sich den Herausforderungen und Problemen zu stellen. Kemal Sönmez weiss das aus eigener Erfahrung. Er ist Moderator beim Pa-paRat, einem kostenlosen Angebot der Stiftung Berner Gesundheit für Väter mit Migrationshintergrund. Herr Sönmez lädt eigenständig zweimal im Jahr ein halbes Dutzend Väter mit türkischem oder kurdischem Hintergrund zu einer lockeren Gesprächsrunde ein. Sie sitzen dann zum Beispiel bei einem Frühstück zusammen, hören ein kurzes Impulsreferat und diskutieren dann los.

Vaterprobleme in Muttersprache

Solche Treffen gibt es an verschiedenen Orten im Kanton Bern für Väter von Kindern und Jugendlichen mit Wurzeln in 15 verschiedenen Ländern von Afghanistan über den Kosovo bis zu Sri Lanka oder Syrien. Eltern sind für eine gesunde Entwicklung ihrer Kinder entscheidend. «Dabei sind gerade Leute mit Migrationshintergrund oft überfordert», weiss Umberto Castra, Sozialpädagoge und Familientherapeut bei der «Berner Gesundheit». Wenn Mütter und Väter beispielsweise im Niedriglohnbereich arbeiten, müssen sie täglich um ihre Existenz kämpfen: «Sie besuchen kaum einen Elternabend in der Schule, und es ist sehr schwierig, sie überhaupt zu begleiten.» Insbesondere Väter ziehen sich dann gerne zurück und überlassen die Erziehung ihren Frauen. Mit herkömmlichen Bildungsangeboten werden sie nicht erreicht.

Das Zusammensein beim Pa-paRat ist dagegen etwas Besonderes. Hier treffen Väter ihresgleichen und können in der jeweiligen Muttersprache miteinander witzeln, plaudern und austauschen. So verschwinden Unsicherheiten rasch, alte Männerrituale der Herkunftsländer werden unwichtig. «Manchmal reden wir noch nach über zwei Stunden intensiv weiter», weiss Kemal Sönmez: «Denn die Atmosphäre ist gelöst wie zuhause. Dann kommen auch heikle Themen wie Gewalt im Alltag oder Suchtfragen auf den Tisch.» Familienvater A.Y. meint nach einem Pa-paRat-Treffen: «Ich merke, dass ich nicht immer alles an meine Frau delegieren kann, was Erziehung betrifft.»

Türen öffnen statt belehren

Kemal Sönmez wurde wie alle Moderatoren von der «Berner Gesundheit» auf seine Rolle vorbereitet, ausgebildet und besucht regelmässig Schulungen. Denn er ist immer mal wieder Ansprechperson über die gelegentlichen Treffen hinaus, besonders auch während der Pandemie, als die Treffen ausfallen mussten. Bei akuten Problemen wenden sich Väter gerne an ihn für ein Telefon oder Gespräch unter vier Augen. Umberto Castra findet es entscheidend, dass im Pa-paRat von Mann zu Mann gesprochen wird: «Denn wir Männer haben Angst, den Status zu verlieren und den Erwartungen nicht zu genügen.» Während auch eingewanderte Frauen hierzulande einen Emanzipationsweg gehen, sind viele Väter verunsichert und finden sich nicht zurecht mit den Männerrollen der heutigen Zeit. Wenn dann noch unterschiedliche Wertesysteme aufeinanderprallen, können heftige Debatten entstehen zum Beispiel rund um den Umgang von Jugendlichen mit Sexualität. «Wichtig ist, dass wir keine belehrende Haltung haben», erklärt Kemal Sönmez: «Aber wir können Türen öffnen oder Hinweise geben für Lösungen.»

Seit dem Jahr 2012 wurden vom Pa-paRat über 300 (Schulungen) Treffen durchgeführt, im Moment sind 15 Moderatoren aktiv, und es werden jahrlich 120 Väter mit Familien erreicht, zu denen über 500 Kinder gehören. Über diese speziellen Gesprächstreffen kann auf niederschwellige Art die Gesundheits-, Handlungs- und Erziehungskompetenz der Väter gefördert werden. Zielgruppengerecht wird Wissen vermittelt – dazu gehören auch bessere Kenntnisse über die hiesige Kultur und den hilfreichen Umgang mit den Werten und Normen der Schweiz. Deshalb unterstützt die Katholische Kirche Region Bern dieses Programm der «Berner Gesundheit» mit finanziellen Beiträgen.

«Das Angebot ist wichtig, um die jungen Väter auf die Herausforderungen rund um die Erziehung von Kindern und Jugendlichen vorzubereiten», betont Ramadan Haci, ein anderer Moderator des Pa-paRats. Und sein Kollege Yahya Dalib Ahmed mit Wurzeln in Somalia weiss: «Pa-paRat vermitteln den Vätern die nötigen erzieherischen Werkzeuge, damit sie ihre Kinder durch die schwierige Phase der Pubertät begleiten können.»

Text: Karl Johannes Rechsteiner

Weitere Informationen zum Pa-paRat: www.bernergesundheit.ch 

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