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Französischer Abgang

Kolumne «Adiéu» von Christian Geltinger

Kurz vor der Sommerpause gibt es wieder viele Abschiede. Kennen Sie den Ausdruck «sich auf Französisch verabschieden»? Manche sagen dazu auch «einen polnischen Abgang machen». Beide Redensarten stehen für das stillschweigende Verschwinden von einem gesellschaftlichen Anlass, einem Apéro oder einem Empfang. Viele Menschen scheuen das Abschiednehmen, manchen bedeutet er nichts. Vielleicht ein unterbewusstes Gewahrwerden der eigenen Endlichkeit?

Als neuer Leiter Kommunikation bin ich in der Mitte des Lebens in eine vollkommen neue Welt eingetaucht. Gleichzeitig lasse ich einiges aus meinem früheren Leben zurück, die Stadt, in der ich 14 Jahre gelebt habe, den Beruf, in dem ich 20 Jahre tätig war, ein Netzwerk an Freunden und Bekannten. Und selbst wenn es bereits jetzt viele Momente gibt, in denen ich mich angekommen fühle (was nach einem halben Jahr komplett unrealistisch ist), habe ich sehr oft den Eindruck, dass die Seele nicht richtig hinterherkommt. Hier helfen mir Rituale des Abschiednehmens, des bewussten Erinnerns und Trauerns bei all dem Schönen, was so ein Wechsel auch mit sich bringt.

Nur wer Abschied nimmt, kann auch loslassen und ist frei Neues. Gleichzeitig erfolgt dadurch auch eine persönliche Verortung in der inneren Zerrissenheit des Noch nicht und Nicht mehr. Ich möchte Sie einladen, bewusst Abschied zu nehmen und damit auch die kleinen Zäsuren in Ihrem Leben zu würdigen.

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