
Kennen Sie das: Sie fragen Ihre Nachbarin, wie es ihr geht. Diese zögert, dann kommt ein verhaltenes: «Es geht schon.» Wie sich verhalten? Sollten Sie nachfragen? Sich in die Privatsphäre der Nachbarin einmischen? Eigentlich kennen Sie sich auch gar nicht so gut und haben selbst so viel zu tun. Sie gehen weiter, aber irgendwie bleibt ein ungutes Gefühl zurück.
Sprachlosigkeit im Angesicht von potentiell schwierigen Situationen, der Not anderer. Menschlich. Das «sich nicht einmischen wollen», das ist menschlich. Füreinander da sein. Menschlich, aber vielleicht auch unangenehm, belastend. Was tun? Eine Antwort auf diese Frage zu finden ist schwierig, und es gibt kein eindeutiges richtig oder falsch. Wie so häufig im Leben. Manchmal lohnt es sich, über den eigenen Schatten zu springen und nachzufragen. Vielleicht erstaunt Sie die Antwort der Nachbarin. Vielleicht geht es ihr gut und Ihr ungutes Gefühl war unangebracht. Vielleicht hat sie aber auch ein Anliegen an Sie und getraut sich nicht, dieses auszusprechen.
Im Umgang mit Menschen mit einer lebenslimitierenden Krankheit und deren Angehörigen kann die Sprach- und Hilflosigkeit noch verstärkt sein. Worüber reden? Die Krankheit? Den eigenen Alltag? Fotos aus den Ferien verschicken, während man weiss, dass die andere Person wohl nie mehr in die Ferien gehen kann? Fragen Sie nach, was für Ihr Gegenüber richtig und wichtig ist. Trauen Sie sich. Die Sprachlosigkeit ist vielleicht schwieriger auszuhalten.