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Wenn es still ist….

Kolumne «Adiéu» von Christine Vollmer

Ende August bin ich eine Woche lang alleine auf dem Jakobsweg in Graubünden durch die Surselva gewandert. Mein Weg begann nach den Hitzetagen und dem grossen Wetterumschwung mit Gewitter und anhaltenden Niederschlägen. Nachdem ich zwei Tage durch den Regen gewandert bin, war der nächste Tag ganz in Nebel gehüllt. Kaum ein Mensch begegnete mir.

Den Alltag hatte ich hinter mir gelassen und ging Schritt für Schritt meinen Weg, still, allein. Genau das vorübergehende Loslassen dessen, was vertraut ist – Beziehungen, Arbeit, Lärm, Beschäftigungen, Orte – ermöglichte mir ein neues Wahrnehmen und mich Einlassen auf den Augenblick, so, wie er sich zeigt.


Daraus ist folgendes Gedicht entstanden:

Es ist still
aussen und innen
da kommt mir Hören und Sehen

Nebelschwaden umgeben den Tag
Wasser – überall Rauschen, Gurgeln, Glucksen
Steine, die glänzen und glitzern

Ein Kürbis, orange leuchtend an einer Mauer
Schafe blöken und klingeln durchs Tal
Meine Dankbarkeit und Bitten verbinden sich
mit dem Kerzenschein in einer Kapelle

Da kommt mir Hören und Sehen
aussen und innen
wenn es still ist.

Mir hat es sehr gut getan, Vertrautes für einige Zeit loszulassen und auf Unbekanntes zuzugehen. Schwieriger ist es, wenn wir Beziehungen oder eine Arbeit oder ein Umfeld definitiv und für immer loslassen müssen. Und dennoch war diese Erfahrung sehr wertvoll und zeigt mir, dass es nicht nur schmerzhaft ist, Vertrautes loszulassen und auf sich selbst zurückgeworfen zu sein, sondern welche Schönheiten und Chancen darin auch liegen.

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