Regisseurin Sarah Elena Schwerzmann an der Filmvorführung in Köniz. Foto: Pia Neuenschwander

«08/15 – Der Tod als Alltag»

Dokfilm sorgt für unterschiedliche Reaktionen

Die Regisseurin Sarah Elena Schwerzmann stellte am 9. November in der Pfarrei St. Josef in Köniz ihren Dokumentarfilm «08/15 – Der Tod als Alltag» 22 Jugendlichen und im Anschluss einem erwachsenen Publikum vor. Die Reaktionen fielen unterschiedlich aus.

von Luca D'Alessandro

Im Dokumentarfilm «08/15 – Der Tod als Alltag» sprechen eine Polizistin, ein Rechtsmediziner und ein Tatortreiniger über ihren Umgang mit dem Tod im beruflichen Alltag. Dass das Thema zum Nachdenken und Mitreden bewegt, zeigt sich an der zweiteiligen Filmvorstellung der Regisseurin Sarah Elena Schwerzmann in der Pfarrei St. Josef in Köniz. «Der Tod ist der Ausgangspunkt, um über das Leben zu diskutieren», hält sie fest und animiert damit zum Gespräch.

Das Thema geht den Anwesenden nahe und wirft Fragen auf. Eine Diskussion zwischen den Generationen entsteht, die Jugendlichen reagieren mit Faszination und sind erstaunt, dass Fachpersonen – trotz alltäglicher Begegnung mit dem Tod – ihr Erleben und den Umgang damit immer wieder neu reflektieren müssen. Sie fragen sich, was man mitbringen müsse, um einen Beruf wie Tatortreiniger:in oder Gerichtsmediziner:in ausüben zu können. «Was machen diese Personen in ihrer Freizeit? Was sehen sie abends beim Einschlafen als Letztes vor ihrem geistigen Auge?»

Sterben ist Privatsache

Ein paar Aussagen im Film lösen bei einzelnen Erwachsenen Befremden aus, etwa die zum Teil sehr sachlich formulierten Herangehensweisen der Berufspersonen an bestimmte Alltagssituationen. «Es ist eine gewisse Abgestumpftheit spürbar – vermutlich dient diese dem Eigenschutz», heisst es. Bei den Erwachsenen ist grundsätzlich die Frage nach dem Stellenwert des Todes im Alltag vordergründig, das Sterben werde heute tabuisiert und privatisiert, lautet ein Votum.

Sterben soll also kein Teil des Lebens mehr sein? «Genau da setzt der Dialog an. Anfang November gedenken wir der Toten und stellen uns selbst diesem Thema intensiver», sagt Gemeindeleiterin Christine Vollmer. In ihrer Rolle als Seelsorgerin hat auch sie regelmässig mit dem Thema Tod zu tun, insbesondere mit Angehörigen einer verstorbenen Person, ab und zu auch mit sterbenden Menschen. Wie geht sie damit um? «Ich habe das Glück, dass ich das, was ich in Momenten der Trauerbegleitung und des Abschieds erlebe und mitbekomme, in Gottes Hand legen kann.»

Auseinandersetzung mit dem Thema

Nahezu alle Teilnehmenden wurden bereits mit dem Tod eines nahen Angehörigen konfrontiert. Darum ist es eines der Ziele der Pfarrei St. Josef und der Katechese, insbesondere auch Jugendliche zu ermuntern, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, Fragen zu stellen und ihren Gefühlen und Gedanken Raum zu geben. «In der Oberstufe bieten wir jedes Jahr ein Modul zum Thema Sterben und Tod an», sagt Katechetin Chantal Brun, «sei es in Form einer Diskussionsrunde, eines Besuchs auf dem Friedhof, im Krematorium, bei einem Bestatter oder einer Grabkünstlerin.»

Mit dem Film den Dialog zwischen den Generationen anzuregen, das gelingt der Regisseurin an diesem Abend in Köniz. Die Jugendlichen fühlen sich in Berufsrollen ein, in denen Sterben und Tod zum Alltag gehören. Sie können sich durchaus vorstellen, selber als Polizist:in zu arbeiten. Und die Erwachsenen scheinen bereit zu sein, dem Thema eine zeitgemässe Lebbarkeit einzuräumen: «Für mich», meint ein älterer Herr, «ist eine Grebt, sprich ein Leichenmahl, zu meinen Lebzeiten durchaus eine Option.»

 

Zum Dokumentarfilm
Die Regisseurin Sarah Elena Schwerzmann im Interview.

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