Eröffnungsgottesdienst in Nürnberg. (Foto: Helmut Schift)

Kirchentag - Oase zum Auftanken

EVANGEILSCHER KIRCHENTAG IN NÜRNBERG: HOFFNUNGSZEICHEN IN ZEITEN ERSCHÜTTERTER GEWISSHEITEN

Evangelischer Kirchentag in Nürnberg - Hoffnungszeichen in Zeiten erschütterter Gewissheiten

Kirchentage sind Oasen für Gläubige, zum Auftanken, zum Staunen, zum Feiern. Meine Frau und ich machten uns – in ökumenischer Verbundenheit – im Juni mit tausenden von Teilnehmenden aus Deutschland und der Schweiz zum Evangelischen Kirchentag nach Nürnberg auf, der mit dem Motto „Jetzt ist die Zeit“ zu einem Fest der Vielfältigkeit, des kritischen Nachdenkens, der Begegnung und der Experimente wurde.
Jeder Morgen begann mit einer Bibelarbeit, von ausgewiesenen Theologinnen bis zu den Spitzenpolitikern. Ministerpräsident Winfried Kretschmann beispielsweise legte die Lukas-Bibelstelle „Die Zeit wird kommen“ aus, und beeindruckte nicht nur mit seinen Kenntnissen des griechischen Urtexts, sondern auch seiner Haltung zum Klimawandel als „Menschheitsaufgabe“. Luther hätte mit „Selig sind die Friedfertigen“ nicht diejenigen gemeint, die einfach gegen den Krieg wären, sondern die Friedenshandwerker, die sich also konkret dafür einsetzten, dass es Frieden gäbe. Und dabei unbequeme Wege gingen.
Beim politischen Nachtgebet in der Christuskirche, bei dem viele ihre Besorgnis wegen der Zukunft äusserten, meinte ein Aktivist, dass es nicht nur einen ökologischen Fussabdruck gäbe, sondern dass man auch einen ökologischen Handabdruck angeben sollte, wie stark man sich für eine Veränderung der Zustände einsetzen würde.

Neben den ernsten Themen durfte auch das Kirchenkabarett nicht fehlen, mit Duo Camillo und dem Klüngelbeutel. Diese teilten mit einer Kombination aus frechem Kommentar und Selbstironie, eine echte Besorgnis für die Kirche, die sich nicht zu ernst nehmen dürfe. Selbst Luther hätte gesagt, dass er in einem Himmel, in der nicht gelacht würde, nicht bleiben wolle. Und es ist sicher ein Zeichen der Hoffnung, dass es an einer Kirche einen „Noteingang“ gab. Neben der Präsentation von mannigfaltigen Aktivitäten und Organisationen rund um die Ev. Kirche in Deutschland wurden auch neue Themen angerissen, wie z.B. die Digitale Kirche, bei der ein Gottesdienst von einer Künstlichen Intelligenz gestaltet wurde („Alexa, starte mal mit dem Gottesdienst“).

Die Hauptfrage bleibt, wie wir das Miteinander angesichts immer weniger Mitglieder, aber auch grösserer Vernetzung gestalten können. Vielleicht wird es so den Kirchen auch in Zeiten erschütterter Gewissheiten gelingen, mit ihrer kreativen Kraft, nicht zuletzt mit solchen Veranstaltungen, Hoffnungszeichen zu setzen.

Helmut Schift, Biel/Bienne

 

 

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