Thomas Metzel freut sich auf seine neue Aufgabe als Pastoralassistent in der Pfarrei Bruder Klaus. Foto: Niklaus Baschung

„Die Kirche ist für mich eine Liebesbeziehung“

Thomas Metzel ist fünffacher Vater und neu als Pastoralassistent in der Bieler Pfarrei Bruder Klaus tätig. Damit geht für ihn ein lang gehegter Traum in Erfüllung. Für die Kirche in Biel wünscht er sich, dass sie mit mehr Selbstbewusstsein in der Öffentlichkeit auftritt, denn sie habe für die Entwicklung der Gesellschaft viel zu bieten. „Wir haben ein tolles Angebot, welches in einer Stadt wie Biel wirken kann“, erklärt er im Interview.

Herr Metzel, Sie wohnen selber im Quartier, in dem sich auch die Kirche Bruder Klaus befindet. Haben Sie sich gewünscht, mal in dieser Pfarrei tätig zu sein?

Thomas Metzel: Als unsere Familie vor sieben Jahren nach Biel gezogen ist, war ich zu 100 Prozent als Hausmann tätig, doch bereits mit der Perspektive, das Studium in Theologie noch abzuschliessen. Mein Traum war damals tatsächlich anschliessend in Biel als Seelsorger arbeiten zu können. Denn als Freiwilliger bin ich in der Pfarrei schon gut vernetzt, kenne die MitarbeiterInnen. Nun habe ich während meiner ersten Anstellung nach der Ausbildung in Bern zudem erfahren, wie schwierig es ist, das Familienleben in Biel mit dem Berufsleben zu vereinbaren. Das zerriss mich und auch meine Familie. Für die Pastoralarbeit kann ich mir deshalb nichts Schöneres vorstellen, als dass ich am selben Ort wohnen und arbeiten kann.

Das Pfarreizentrum Bruder Klaus ist architektonisch in das Quartier eingefügt. Entspricht dies ihrem Verständnis von Kirche?

Manchmal fehlt mir das "Mittendrin-sein" noch stark. In Biel ist die Kirche oft nebendran. Denn sie hat ein riesiges Potential, an gesellschaftlichen Entwicklungen teilzuhaben. Es ist daher zwar schön, dass die Verzahnung von Kirche und Öffentlichkeit in den Gebäuden des Pfarreizentrums abgebildet wird, weil es einem Wunsch entspricht. Doch dieser Wunsch müsste von uns entspricht. Doch dieser Wunsch müsste von uns noch offensiver in die Gesellschaft hineingetragen werden. Wir haben ein tolles Angebot, welches in einer Stadt wie Biel wirken kann. Dies muss allerdings auf Gegenseitigkeit beruhen, in dem etwa die städtischen Behörden mit Offenheit die kirchlichen Angebote wahr- und annehmen.

Die Kirche ist nicht allein für ihre Distanz zur Gesellschaft verantwortlich zu machen?

Nein, aber ihr fehlt das Selbstbewusstsein, wie es die ersten Christengemeinschaften hatten. Diese empfanden sich nämlich als entscheidende, Kraft, damit die Gesellschaft lebensfähig bleibt. Wir hingegen sind so bescheiden geworden und finden uns mit der Privatisierung des Glaubens ab. Doch ich bin überzeugt: Glaube darf öffentlich sein. Deshalb habe ich auch keine Mühe damit, wenn sich andere Glaubensgemeinschaften - etwas durch Kopftuch oder Minarette - in der Öffentlichkeit zeigen. Menschen, die glauben, sollen doch ihr Angebot sichtbar machen. Das ist nicht als Angriff zu verstehen, sondern als eine Einladung.

Was hat Sie dazu bewogen, das Studium in der Theologie doch noch abzuschliessen und für die Kirche tätig zu sein?

Ich hatte zwei Studien - Landwirtschaft und Theologie (noch ohne Abschluss) - absolviert und träumte immer davon, diese beiden Bereiche verbinden zu können, etwa als Landwirtschaftsseelsorger. Eindeutig klar war für mich, in der Kirche tätig zu sein. Mich muss man rausschmeissen, wenn man mich loshaben will. Kirche ist für mich eine Liebebeziehung. Ich habe daher immer wieder Aufgaben in der Kirche wahrgenommen - als Religionslehrer, als Vertreter meiner Frau, die als Pastoralassistentin tätig war, als Kantonspräses der Jubla Solothurn, im Pastoralrat der Pfarrei Bruder Klaus in Biel. Ich habe das Theologiestudium nun noch abgeschlossen, um mein Tätigkeitsbereich in der Kirche freier wählen zu können und nicht mehr auf den Goodwill anderer Leute angewiesen zu sein.

Die Kirchenmitglieder in der röm.-kath Kirche Biel setzen sich aus zahlreichen Sprachkulturen und Nationen zusammen. Wie erleben sie diese multikulturelle Vielfalt?

Kirche bedeutet für mich zuerst, dass sie wie eine innerkirchliche Ökumene wirkt. An einem fremden Ort suche ich selber zuerst die Kirche auf, weil sie ein verbindendes Element bildet. Ich fühle mich in der Liturgie aufgenommen, auch wenn ich in einer fremden Sprache kein Wort verstehe. Biel ist wie ein Schmelztiegel für ganz viele Kulturen - das ist für die Kirche eine grosse Chance. Es liegt in ihrer Verantwortung, hier eine Brückenfunktion zu übernehmen, Heimat zu sein, das Verbindende herauszustellen und die Angst voreinander abzubauen.

Ihre Frau Gudula Metzel ist Theologin und in der Regionalleitung der Bistumsregion St. Verena tätig, ein Sohn von ihnen studiert Theologie. Wie erklären Sie sich dieses grosse theologische Interesse in Ihrer Familie?

Meine Frau und ich haben uns während dem Studium kennengelernt, von daher sind wir ein typisches Theologenpaar. Ungewöhnlich ist vielleicht, dass unser Sohn Elias nicht abgeschreckt wurde. Wahrscheinlich spüren aber unsere Kinder, wie wir durch unsere Arbeit bereichert werden. Für Menschen da sein zu dürfen, ist so etwas Schönes. Diese innere Zufriedenheit strahlen wir offenbar aus, auch in der eigenen Familie.

Sie selber haben während 20 Jahre als Hausmann gearbeitet und ihre Kinder während ihrer Entwicklung begleitet. Wie erleben Sie nun diesen Wechsel in die Berufstätigkeit?

Ich bin immer noch in beiden Bereichen tätig, zu 70 Prozent als Pastoralassistent, zu dreissig Prozent als Hausmann. Den Wechsel geniesse ich, es macht mir grossen Spass. Ich merke, wie die Erfahrungen in der Familie meine Tätigkeit als Seelsorger bereichern. Sie helfen mir, auf eine andere Weise mit Menschen auf den Weg zu gehen. Ich werde als verheirateter Mann wahrgenommen und erlebe das Gefühl, dass ich mit meiner Familienerfahrung tatsächlich eine Ergänzung zu den zölibatär lebenden Männern sein kann.

Sie sind nun in ihre neue Tätigkeit hier in Biel eingestiegen. Haben sie sich Ziele gesetzt, die Ihnen in Ihrer seelsorgerischen Aufgabe wichtig sind?

Ich habe mir bewusst keine Ziele gesetzt. Ich möchte während einem Jahr einfach da sein, mitgehen und verstehen lernen, was da ist. Daraufhin können wir gemeinsam überlegen, was Priorität hat, was wir verändern wollen. Ich gebe mir also bewusst ein Jahr Zeit, um zuzuhören, zuzuschauen und hier in der Kirche Biel anzukommen.

Interview: Niklaus Baschung

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