Theatergruppe HANKERUM, Bern, im Einsatz für ein Zivilcourage-Projekt. Foto: zVg

Zivile Courage – Zivilcourage

Spötteleien, sexistische und rassistische Anmache sind oft die Vorläufer von handfester Gewalt. Hier ist Zivilcourage gefragt! Zivilcourage bedeutet, dass ich mich für etwas oder jemanden einsetze, ohne dass ich unbedingt dazu verpflichtet bin und mir davon Vorteile verspreche. Jeder Mensch kann auf seine Art Zivilcourage zeigen ? konkrete Handlungsansätze sind theoretisch und praktisch erlernbar.

 Rébecca Kunz befragte den Sozialarbeiter Stephan Schüepp, 56, zum Thema "Zivilcourage".

Stephan Schüepp, wann braucht es Zivilcourage?

Stephan Schüepp: Zivilcourage ist angebracht bei Verhaltensweisen, die das gesellschaftliche Zusammenleben stören und kann nötig sein, wenn andere ungerecht oder unfair behandelt werden, aber auch, wenn mutwillig Dinge beschädigt werden. Für ein Eingreifen braucht es Mut, eben Courage. Denn wir machen uns dabei womöglich unbeliebt oder werden belächelt. Wir möchten nicht streiten, haben gerne Harmonie ? die grösste Angst ist wohl die, dass uns andere etwas daneben finden. Trotzdem ist es wichtig, dass wir auch in kleinen Belangen sagen, wenn uns etwas stört. Wir können zum Beispiel jemandem, der immer Opfer von Hänseleien ist, helfen. Wir nehmen direkt Einfluss, indem wir etwas ansprechen. 

Was ist konstruktive Zivilcourage und was ist damit nicht gemeint?

Zivilcourage ist auch etwas Persönliches. Man muss sich ein wenig aufregen können über etwas, Betroffenheit spüren. In der Regel wird es akzeptiert, wenn sich jemand mit seinem eigenen, klaren Standpunkt zeigt und zum Beispiel sagt: "Ich finde das nicht in Ordnung, wie ihr miteinander umgeht und einander anschreit". Vielleicht kommt man sogar in ein Gespräch. Wer jedoch beim Einschreiten das Gegenüber auf einer persönlichen Ebene verletzt und ihm zum Beispiel sagt: "Hast du eigentlich keine Kinderstube gehabt?" oder: "Lernt man das in eurer Kultur nicht?", dann bringt das nichts. Wir sollten ein Gegenüber bei einer Intervention nicht abwerten. Die grösste Gefahr besteht darin, dass man anfängt zu projizieren. Wir können uns besser durchsetzen, wenn wir den Respekt behalten ? selbst wenn uns jemand ungerecht oder beleidigend behandelt. Das heisst aber, dass wir uns selber zurücknehmen und einfach nur klar sagen, was uns weshalb stört. Es geht bei Zivilcourage nicht um Erziehung. Eine Erwartungshaltung ist allgemein eher hinderlich. 

Zivilcourage ist wohl schwierig, wenn man selbst auf 180 ist?

Manchmal reicht es, fünfmal gut durchzuatmen und sich genau zu überlegen, welchen Satz wir jetzt sagen wollen. Wer merkt, dass die eigene Wut zu gross wird, sollte sich jedoch besser vom Ort des Geschehens entfernen. Es ist wichtig, dass wir unsere Wut ernst nehmen und Erfahrung damit haben, wie wir mit ihr umgehen. Natürlich gibt es auch Situationen, die mit Zivilcourage nicht lösbar sind und in denen es sinnvoller ist, die Polizei anzurufen. Zivilcourage ist auch Psychohygiene; wer bei Unrecht nur zuschaut und nicht handelt, leidet später oft daran, das ist erwiesen. Es ist also auch vor diesem Hintergrund besser, zu sich zu stehen und seine Meinung zu sagen. Ich erlebe immer wieder Menschen, die aus einer einfachen Direktheit heraus die richtigen Worte finden und damit Zivilcourage zeigen.

 

Zivilcourage

Seminar mit Workshop 1.12.2012

(Teilnahme ab 16 Jahre) Samstag, 1.12. um 9.00 - 16.30 Uhr, in Biel Fr. 65.-; für Menschen in Ausbildung unentgeltlich

Ablauf:

Am Vormittag erfahren wir Wesentliches zum Thema Zivilcourage, am Nachmittag erkunden wir zusammen mit Schauspielern und Schauspielerinnen der Berner Gruppe HANKERUM ganz konkret, wie wir selber Zivilcourage zeigen können. 

Leitung:

Mireille Gugolz, gggfon Bern (www.gggfon.ch) - Rébecca Kunz, Bildungsstelle kath. Kirche Biel Der Anlass findet im Rahmen des internationalen Events 16 Tage gegen Gewalt an Frauen statt.

Info, Flyer und Anmeldung (bis 10.11.):

Bildungsstelle der kath. Kirche Biel, Murtenstrasse 48, PF 45, 2501 Biel 032 329 50 82 (Sekretariat) oder rebecca.kunz@kathbielbienne.ch; 079 613 63 91

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