In Aarau wurde über die Inhalte der Weltsynode in Rom und der Synodalen Versammlung in Bern diskutiert. Auf dem Podium sass unter anderem Andrea Meier, Leiterin der Fachstelle Kinder und Jugend und Geschäftsleiterin der offenen kirche bern.
Christian Geltinger
Weltkirche und Kirche vor Ort begegneten sich am 13. November 2023 in Aarau, als in der Kirche St. Peter und Paul die ersten Ergebnisse der von Papst Franziskus ausgerufenen Weltsynode in Rom und der Synodalen Versammlung in Bern diskutiert wurden. Die Wahl des Austragungsort korrespondiert mit einer zentralen Erkenntnis der beiden Beratungen in Rom und Bern zur Zukunft der Kirche. Eine synodale Kirche ist vor allen Dingen eine dezentrale Kirche. Viele Fragen müssen vor Ort gelöst werden, um den Bedürfnissen der Menschen in den jeweiligen Regionen gerecht zu werden.
Veränderte Rolle der Frau
Neben dem Schlusstext zur Weltsynode, der seit 28. Oktober 2023 in Übersetzung vorliegt, wurde auf der Veranstaltung in Aarau in den persönlichen Berichten der beiden Schweizer Vertreter:innen der Synode, Helena Jeppesen-Spuhler und Bischof Felix Gmür, der Geist von Rom spürbar, wenngleich ein Monat intensiver Gespräche über die Zukunft der Kirche nicht spurlos an ihnen vorüberging: "Für mich erwies sich die Medienarbeit als anstrengender als gedacht. Viele meiner Kolleginnen aus weniger liberalen Regionen der Welt haben mich gebeten, in die Offensive zu gehen, um dann nachziehen zu können." Vor allem im Hinblick auf die veränderte Rolle der Frau in der Kirche sieht Jeppesen-Spuhler grosses Potential. Hier werde sich einiges bewegen. Gleichzeitig sei ihr aber bewusst, dass für eine "glaubwürdige Verkündigung des Evangeliums in der Welt dringend weitere Veränderungen" nötig seien.
Langer Atem macht Gläubige mürbe
Bischof Felix zeigte sich beeindruckt von der "Diversity", die sich aus der neuen Zusammensetzung der Synode ergab. Konservative Stimmen, die Weltsynode sei keine Bischofssynode, weist er entschieden zurück, wenngleich sie die Bandbreite des Meinungsspektrums zeigen. Insbesondere die Kultur des "freien Worts" und des "Zuhörens" sei für ihn eine neue Erfahrung gewesen. Gleichzeitig beschäftigen ihn die unterschiedlichen Lebenswelten, die die Mitglieder der Synode mitbringen. Ein Grossteil von ihnen habe in irgendeiner Form mit Kriegs- und Fluchterfahrung zu tun. "Da spielt der Glaube eine viel existentiellere Rolle." Es bleibt nicht aus, dass Bischof Gmür mit Fragen nach konkreten Veränderungen konfrontiert wurde. "Ich habe es satt zu warten", so der Diskussionsbeitrag einer älteren Dame, die sich wie viele über Jahrzehnte für die Kiche engagieren und auf Veränderungen warten. Auch das Thema der Machtverhältnisse wird wiederholt angemahnt.
Wunsch nach Mitbestimmung
Auf die Frage, warum sich so wenige junge Menschen etwa an der Synodalen Versammlung auf regionaler Ebene in Bern beteiligt haben, erwidert ein junger Mann, der in der Jugendarbeit aktiv ist, er sei enttäuscht über die Form der Partizipation, die in seinen Augen nur den äusseren Schein wahre. Junge Menschen würden Partizipation als Mitbestimmung verstehen und nicht als Anhörung von oben herab.
Hier kommt Andrea Meier ins Spiel, Leiterin der Fachstelle Kinder und Jugend bei der Katholischen Kirche Region Bern und Mitglied der Syodalen Versammlung. Natürlich würde sie auch bedauern, dass sehr wenige junge Leute an dieser Versammlung teilgenommen hätten. Ihr sei auch durchaus bewusst, dass die Rahmenbedingungen der Synodalen Versammlung sehr stark vorgegeben seien, umgekehrt habe man jetzt zum ersten Mal die Möglichkeit, sich an einem Diskurs zu beteiligen. "Auch wenn es vor dem Hintergrund ihrer Lebensrealität total absurd erscheinen mag, versuche ich den jungen Menschen klar zu machen, dass es ein historisches Ereignis ist, wenn Helena Jeppesen-Spuhler als erste Frau aus der Schweiz in Rom beim Papst an einer Synode teilnimmt."
Gleichzeitig gibt es insbesondere auf regionaler Ebene Möglichkeiten der Veränderung, wie die Berner Synodale Versammlung gezeigt hat. Luc Humbel, Präsident der Aargauer Landeskirche, weist auf den pastoralen Wegweiser hin, der die Ausrichtung des Bistums Basel für die nächsten Jahrzehnte festlegt und der künftig synodal erarbeitet wird.
Überwindung von Vorurteilen und Gräben
Nichtsdestotrotz ist die Krux an der Synodalität in Bern wie in Rom, das wurde an der Veranstaltung vielfach klar, dass die Ergebnisse vielen zu unkonkret bleiben. Allerdings können synodale Prozesse auf regionaler wie auf globaler Ebene dabei helfen, Gräben zu überwinden und eine neue Diskussionskultur in der Katholischen Kirche zu etablieren. "Ich habe mich selbst besser kennengelernt und die Art und Weise, wie ich über Vorurteile funktioniere", gesteht Andrea Meier selbstkritisch. "In jeder Gruppenarbeit hatte ich erst einmal innerlich mein kleines Raster hatte, wer jetzt wahrscheinlich was sagen wird. Und ich lag natürlich immer wieder falsch. Das war eine sehr heilsame Erfahrung." Es gab Gruppen, in denen das nicht immer gelungen sei. Auch das sei eine Realität in unserer Kirche. "Dort sehe ich die grösste Arbeit. Wir beschreiten einen Weg. Dass die Art, mit der wir zusammen reden, eine andere wird, und hier liegt die Betonung auf wird. Denn hier gibt es teilweise noch viel zu tun."
Am Ende bleibt die grosse Chance, dass eine neue gemeinsame Sprache, wie sie sich Regionalverantwortliche Edith Rey Kühntopf von einem intensiven und regelmässigen Austausch erhofft, dem Geist der Veränderung Flügel verleiht.
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