Wurzel Jesse. Lettner, Franz. Kirche Bern. zVg

800 Jahre Geschichte

Sie war Klosterkirche und neue Heimat für geflüchtete Hugenotten. Eine ökumenische Veranstaltungsreihe widmet sich dem «Tatort Französische Kirche».

Sie war Klosterkirche der Dominikaner in Bern, Versammlungsort für die Burger, neue Heimat für Hugenotten oder diente als Kornhaus, Kunstmuseum und Konzertlokal. Auf den Spuren ihrer über 700-jährigen Geschichte finden in der Französischen Kirche vom 27. August bis 18. September vielfältige Veranstaltungen statt.


Unter dem Titel «Tatort Französische Kirche» beginnen Ende August rund 25 Feiern, Vorträge, Führungen, Konzerte und eine Videoinstallation des Berner Künstlers Peter Aerschmann in der Kirche an der «Predigergasse» im Zentrum der Berner Altstadt. Die Bezeichnung erinnert an ihren Ursprung als Kirche der Prediger, wie die Dominikaner auch heissen.

800 Jahre
Die Ordensgemeinschaft feiert dieses Jahr ihr 800-Jahre-Jubiläum– sie kam auf Einladung der noch jungen Zähringer-Stadt 1269 nach Bern. Schon bald begannen die Brüder mit dem Bau ihres Klosters und der dazugehörigen Kirche. Diese älteste Berner Kirche ist nur schon architektonisch einzigartig, etwa mit einem der ältesten Grossdachwerke der Schweiz: Elf Meter breit und ursprünglich über 50 Meter lang geht das Dach über dem Kirchenschiff auf die Jahre 1305/10 zurück und hat sich vollständig erhalten.
Die umgebenden Häuser der mittelalterlichen Stadt hat es weit überragt – deshalb entging die Konstruktion offensichtlich den Flammen des verheerenden Stadtbrandes von 1405. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe zeigen Führungen den eindrücklichen Bau erstmals öffentlich und erzählen über die Bettelaktion, welche das Dach damals finanzierte, und wie es die Zimmerleute überhaupt schafften, den Dachstuhl aufzurichten.

Berner Nelkenmeister
Ein besonderes kulturhistorisches Erbe bildet der so genannte Lettner, der den Kirchenraum bis heute prägt. Seine wichtigste Funktion war die Abschrankung des Chores als Gebetsraum der Klerikergemeinschaft. Die farbigen Muster und Malereien aus dem Umkreis der sogenannten Berner Nelkenmeister haben sich glücklicherweise erhalten, während etwa die Fresken aus Niklaus Manuels Totentanz an Kirchenwänden bei einem Abbruch zerstört wurden. Die damalige reiche Bilderwelt und Symbolik ist ebenfalls Thema verschiedener Vorträge des Zyklus.

Jetzerhandel
Doch die Französische Kirche ist nicht nur baulich ein einzigartiger Ort für die Stadt Bern. Sie gibt Zeugnis einer lebendigen Geschichte: Im Spätmittelalter fand die Rosenkranzbruderschaft in Bern hunderte von Anhängerinnen und Anhängern durch alle Gesellschaftsschichten hindurch. Dann erschütterte Anfang des 16. Jahrhunderts der sogenannte Jetzerhandel mit seinen vermeintlichen Marienerscheinungen die Stadt und brachte die vier Klostervorsteher auf den Scheiterhaufen.
Mit der Reformation verliessen die Dominikaner Bern, die Kirche wurde teilweise als Kornhaus genutzt.
Ab 1623 wurden dann französischsprachige Gottesdienste gehalten – deshalb wurde die Kirche ein paar Jahrzehnte später zum Zufluchtsort für die in Frankreich verfolgten Hugenotten. Seither ist aus der ehemaligen Predigerkirche die Französische Kirche geworden. Sie beherbergt nicht nur eine lebendige reformierte Kirchgemeinde, sondern dient dank ihrer grossartigen Akustik und Orgel als Ort für aussergewöhnliche Konzerte.

Tatort Französische Kirche
Diese lebendige Geschichte motivierte eine ökumenische Arbeitsgruppe zur zweisprachigen Veranstaltungsreihe «Tatort Französische Kirche – von den Dominikanern zu den Hugenotten ». Getragen wird der Zyklus gemeinsam von der französischsprachigen reformierten Kirchgemeinde in Bern und der Schweizer Dominikaner-Provinz. Unterstützt werden sie von verschiedenen Partnern: Der evangelischreformierten Gesamtkirchgemeinde Bern und den reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn, der katholischen Kirche Region Bern, der Burgergemeinde Bern sowie der Musique à l’église française de Berne (mefb). Dabei wirken Fachleute aus Kunst- und Kirchengeschichte wie Theologie aktiv mit.
Die neu geschaffene Video-Installation von Peter Aerschmann über die Geschichte der Französischen Kirche, die ökumenischen liturgischen Feiern, die Jahrhunderte streifende Musik, die Führungen an bekannte und verborgene Orte und anregende Vorträge in Deutsch wie in Französisch sollen während drei Spätsommerwochen ein farbiges Kaleidoskop entfalten, in dem Vergangenheit und Gegenwart sich berühren und Inspirationen für die Zukunft geben.

Karl Johannes Rechsteiner 

 

Geschichte regt an für die Zukunft

Der Zyklus «Tatort Französische Kirche» umfasst rund 25 Veranstaltungen sowie den Video-Spaziergang am Lettner (Dienstag bis Sonntag jeweils von 10.00 bis 18.00 zugänglich).

• Samstag, 27. August, 11.00: Musikalische Eröffnung mit Vernissage Video-Installation
• Samstag, 27. August, 13.00: Konzert
• Sonntag, 28. August, 17.00: Eröffnungsfeier «Von den Dominikanern zu den Hugenotten », Vesper der Dominikaner aus Freiburg und Feier mit Wort und Musik aus reformierter Tradition, mit Impulsen einstiger und heutiger Flüchtlinge
• Donnerstag, 1. September, 18.30: Vortrag zum Jetzerhandel mit Kathrin Utz Tremp, Historikerin.
Jeweils freier Eintritt, Kollekte

Infos: www.egliseberne.ch

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