Bernhard Waldmüller

Auf «Augenhöhe» mit den Menschen

Familiensynode

Rund 6000 Menschen haben sich in der Schweiz an der zweiten Umfrage zur Familiensynode im Oktober in Rom beteiligt. 570 Ergebnisberichte trafen bei den Bischöfen ein, darunter auch die aus Bern.


Die Ergebnisse sind mehrheitlich für eine Öffnung in den Fragen wiederverheirateter Geschiedener und auch zu gleichgeschlechtlichen Paaren. Bernhard Waldmüller, Diakon und Dekanatsleiter des Dekanats Region Bern, nimmt Stellung.

«pfarrblatt»: Die Menschen in der Schweiz wollen vom Vatikan liberale Lösungen in der Familienpastoral. Überrascht Sie das?
Bernhard Waldmüller: Eigentlich nicht. Es bestätigt den Eindruck vieler Seelsorgerinnen und Seelsorger, dass die Menschen dringend eine Haltungsänderung der Katholischen Kirche erwarten. «Liberal» ist dabei für mich nicht das richtige Wort: Die Menschen wollen Antworten, die näher bei den Menschen sind, die ihre Sorgen ernst nehmen, die barmherzig und nicht nur legalistisch mit dem möglichen Scheitern im Leben von Menschen umgehen. Gerade an unserer Veranstaltung in Bern konnte man auch spüren, dass die Gläubigen keine billige Anpassung wollen, sondern Werte wie Treue, Liebe, Versöhnungsbereitschaft etc. hoch schätzen. Kirche darf und soll ihre Werte einbringen – aber auf Augenhöhe mit den Menschen.

Haben Sie Hoffnung, dass die Eingaben aus der Schweiz in Rom etwas bewirken?
Für mich ist es zunächst ein ermutigendes Zeichen, dass die Schweizer Bischöfe in ihrer Stellungnahme die Beiträge der Gläubigen wirklich aufgenommen haben – obwohl wir alle wissen, dass es in der Bischofskonferenz durchaus auch andere Positionen gibt. Insofern bin ich zuversichtlich, dass sich etwas verändert, aber ich erwarte keine Revolutionen, sondern kleine Schritte.

Die Gegner von liberalen – also menschlichen – Lösungen sprechen von Häresie, wenn etwas verändert wird, der Papst von Barmherzigkeit. Welche Sicht wird sich durchsetzen?
Ich vermute, weder die eine noch die andere. Man wird Schritte in Richtung Barmherzigkeit tun, aber wohl nur kleine. Die ständige Gratwanderung zwischen der Treue zu wichtigen Werten der christlichen Tradition und einer menschenfreundlichen Auslegung dieser Werte wird neu ausbalanciert werden. Wie reagieren Sie als Seelsorger, wenn in Rom im Oktober keine Schritte in Richtung Öffnung gemacht werden? Ich werde mich dafür einsetzen, dass wir an unserer bisherigen Linie festhalten: die christliche Botschaft so leben und auslegen, dass die Menschen sie als hilfreich für ihr Leben erfahren; die Verantwortung der Seelsorgerinnen und Seelsorger vor Ort ernst nehmen und ihnen Handlungs- und Spielraum verschaffen.

Interview: Jürg Meienberg

Hinweis: www.spi-stgallen.ch

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