Kurienkardinal George Pell vor seiner Abreise nach Australien im Vatikan.
Foto: Paul Haring/CNS photo/KNA

Australischer Kurienkardinal wird angeklagt

Die wichtigste Figur der katholischen Kirche Australiens, Kurienkardinal George Pell (76), muss sich wegen Missbrauchsvorwürfen vor Gericht verantworten.

Die wichtigste Figur der katholischen Kirche Australiens, Kurienkardinal George Pell (76), muss sich wegen Missbrauchsvorwürfen vor Gericht verantworten.

Nach einem monatelangen juristischen Tauziehen wurden zwar weitere Anschuldigungen fallengelassen, doch Richterin Belinda Wallington kam zum Schluss, dass die restlichen Indizien und Beweise derart schwerwiegend seien, um ein Hauptverfahren zu eröffnet. Der Prozess soll in Melbourne stattfinden. Hier hat die Karriere von George Pell begonnen, als er nämlich am 21. Mai 1987 zum Bischof geweiht wurde. Geboren in einfachen Verhältnissen, durchlief er alle erdenklichen katholischen Stationen. Vom Ministranten, der katholischen Schule bis hin zur Priesterweihe, zum Doktorat und Weihbischof.

Pell stieg rasch auf: 1996 wurde er Erzbischof von Melbourne, 2001 dann Erzbischof von Sydney, 2003 Kardinal. Als solcher meldete er sich immer wieder mit sehr althergebrachten, überaus pointierten und mitunter verletzenden Statements zu Homosexualität und Bioethik zu Wort.

Franziskus berief den Mann mit dem «Image eines konservativen Aufräumers» 2013 schliesslich in den Kardinalsrat zur Kurienreform, im Februar 2014 auch noch in die Leitung des neu gegründeten vatikanischen Wirtschaftssekretariates.

Doch schon länger lag ein Schatten auf seiner Vergangenheit. Denis Hart, sein Nachfolger als Erzbischof von Melbourne, hatte im Mai 2013 als erster hochrangiger Kirchenvertreter vor einem staatlichen Missbrauchsausschuss auszusagen. «Geheimniskrämerei und Vertuschung» habe es gegeben, sagte Hart. Sie hätten sich unter Pells Vorgänger im Amt des Erzbischofs, Thomas Francis Little, «wie Mehltau über die Kirche gelegt». Bis 1996 war Pell als Weihbischof die rechte Hand von Little.

Nach Einschätzung Harts bei einer Befragung Ende 2015 muss Pell einen «angemessenen Grad an Kenntnis» von den Vorgängen gehabt haben. Im Frühjahr 2016 sprach der Kardinal in einer nächtlichen Videoschalte aus einem römischen Hotel mit dem australischen Untersuchungsausschuss. Er erklärte, er sei als Weihbischof in Melbourne «hintergangen» und nur unvollständig informiert worden.

Inzwischen wird Pell vorgeworfen, vor vielen Jahren gar selbst Jugendliche missbraucht zu haben. Diese Anschuldigungen führen zum jetzt angesetzten Prozess. Wann dieser stattfinden wird, ist noch unklar. Der Kardinal ist beurlaubt. Vor Gericht wies er am 1. Mai alle Vorwürfe zurück und erklärte sich für «nicht schuldig». Er ist gegen Kaution auf freien Fuss gesetzt worden, nachdem er zugesichert hat, das Land nicht zu verlassen.

Andreas Krummenacher, mit Material von kath.ch/kann

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